Aussicht

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein gehetzter Mensch hastet Treppen auf und ab, seine Welt bricht unter ihm auseinander, verformt sich, zersplittert, löst sich auf, kehrt sich gegen ihn. Auch er verliert seine Gestalt, baut sich wieder auf, verliert sich in Teilen, rempelt einen zweiten Mann an, der gemächlich die Treppe seinem Ziel entgegen schlendert.
Es ist ein Albtraumszenario einer sehr gelungenen Computeranimation von drei Minuten, die eigentlich die Geschichte von Möglichkeiten technischer Realisationsfähigkeiten erzählt. Doch es ist auch eine philosophische Lesart möglich, wenn es auch möglicherweise gar nicht intendiert wurde.
Die Auflösung betrifft unsere Welt, trifft uns im gewissen Sinne alle, selbst wenn das Ziel erreicht würde. Die Hetze des Alltags, das Leben in verschiedenen Welten des Einzelnen, die Deformation und das Verzerren unserer Blickwinkel, die sich immer wieder auflösen und neu definieren lassen, bis alles zusammenzubrechen droht. Der Ruhigere, Gelassene kommt mit Muße und Coolness weiter, der andere, von außen durch den Blick auf die Zeit hektisch Agierende muss verlieren, er verliert sich in der Auflösung seiner selbst.
Eine kleine Allegorie, die ihre Kraft durch die technische Raffinesse gewinnt und in der Offenheit für vielfältige Interpretationen zu finden ist. Mit der aufwendigen Fingerübung über Individuen in der Masse sehen die Gutachter einen wertvollen Beitrag.