Augenblicke - a blink of an eye

Filmplakat: Augenblicke - a blink of an eye

FBW-Pressetext

Es ist Nacht. Sie läuft nach Hause. Hinter ihr Schritte. Vor ihr nur Dunkelheit. Dann der Angriff, alles geht so schnell. Im Schatten einer einzelnen Straßenlampe der Kampf. Und die Gewissheit, dass die Nacht Schlimmes hinterlassen wird. Noch viel Schlimmeres als die vielen blauen Flecken an ihrem gesamten Körper. Mit AUGENBLICKE – A BLINK OF AN EYE hat die Nachwuchsfilmemacherin Kiana Naghshineh einen unfassbaren Alptraummoment in faszinierende expressionistische Bilder gepackt. Dynamisch wechseln die Licht- und Schattenstimmungen, gehen einzelne Elemente ineinander über, wechselt der Kamerablick die Perspektive von der Frau, die sich verteidigt, hin zum Angreifer und andersherum. Symbolische wechseln sich mit realistischen Motiven ab, die Schnitte sind hart und schnell, das ganze Geschehen in Fragmenten erzählt und in nur knapp vier Minuten vorbei. Und mittendrin: ein fast schon zärtlich dahingesungenes Liebeslied von den Lippen des Täters, der sein Objekt der Begierde verfolgt. Am Ende wird das Lied erneut ertönen. Dieses Mal gesungen von einer Frau, die gleichzeitig versucht, die Verletzung von ihrem Körper zu waschen. Eine Verletzung, die tief bis unter die Haut direkt in die Seele geht. AUGENBLICKE ist bedrückend und beeindruckend zugleich. Ganz große Kurzfilmkunst.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Kiana Naghshineh
Drehbuch:Kiana Naghshineh
Kamera:jan Robin Weiland
Schnitt:Kiana Naghshineh
Musik:Marius Kirsten
Länge:3 Minuten
Verleih:Filmakademie Baden-Württemberg
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH
Förderer:Filmakademie Baden-Württemberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Abschlussfilm der Studentin Kiana Naghshineh der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg bringt in drei Minuten ein schwieriges, weltweit heiß diskutiertes Thema auf den Punkt. Naghshineh findet für ihre sensibel erzählte Geschichte überzeugende Bilder und eine adäquate Musik. Form und Inhalt verschmelzen zu einer Einheit.
Für die Annäherung an das mit Ängsten und Traumata einer Vergewaltigung besetzte Thema greift der 2D-Computer-Animationsfilm auf die bekannten Schattenspielbilder des deutschen Filmexpressionismus zurück und macht sie zum Teil der Handlung. Furcht und das Unwohlsein sind förmlich spürbar, wenn die Kamera einer jungen Frau durch eine spärlich beleuchtete Straße folgt. Ein Schatten taucht auf, wird größer, kommt näher. Plötzlich wird sie überfallen. Sie wehrt sich gegen ihren Angreifer, dessen kraftvolle Unterarme sich wie ein Schraubstock um ihren Hals krallen.
Er sieht das Geschehen völlig anders, für ihn liegt auch in dieser brutalen Annäherung Normalität und Zärtlichkeit, dafür findet die Autorin assoziative Bilder voller Metaphern. Und dann ist da noch die dritte Ebene, die Öffentlichkeit, die Augenzeugen aus den umliegenden Häusern, die auf das Opfer und den flüchtenden Täter blicken. Sie haben ihre Wahrheit und erwarten von der jungen Frau, dass sie sich genau erinnert. Doch die Bilder des Geschehens sind bruchstückhaft, verschwimmen, verändern sich. Nur die blauen Flecken auf ihrer Haut sind objektive Zeugen des Geschehens.
Der Thriller nähert sich dem Geschehen spotartig aus drei Perspektiven, wobei er intelligent an Wissen und Emotionen zu dem Thema anknüpft, bei dem sich meist zwei sehr unterschiedliche Versionen zum möglichen Tathergang gegenüberstehen.