Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Hoda Taheri ist eine iranische Künstlerin, die im Exil in Deutschland lebt. Und so konnte sie mit AS IF MOTHER CRIED THAT NIGHT einen Film über die Flüchtlingserfahrung aus einer ungewohnten Perspektive, einer Innensicht zeigen. Dies wird schon in den ersten Einstellungen deutlich, in denen sie die Atmosphäre in einem Flüchtlingslager in Berlin außergewöhnlich authentisch und intensiv einfängt. Hoda Taheri selbst spielt Hoda, eine iranische Frau, die zusammen mit ihrem Mann Sirvan hofft, das Aufenthaltsrecht in Deutschland zu bekommen. Ein Beratungsgespräch mit einer deutschen Sachbearbeiterin macht deutlich, dass die beiden schon am Ende ihrer Möglichkeiten sind. Die deutsche Bürokratie erscheint für sie als ein absurdes, labyrinthisches System, und als letzte Lösung versucht Hoda sich von einem deutschen Mann schwängern zu lassen. Und davon erzählt Taheri mit einer Körperlichkeit, die für eine Künstlerin aus dem iranischen Kulturkreis wie ein Tabubruch wirken muss. Der Deutsche vollzieht den Geschlechtsverkehr als einen rein mechanischen Akt – als bezahlte Arbeit, Sirvan versucht seine Demütigung dadurch zu bewältigen, dass er in einer Toilette im Treppenhaus onaniert und die von der Regisseurin selbst gespielte Hoda duscht nach dem Befruchtungsversuch, wie um sich von der Schuld und der Scham reinzuwaschen. Die Jury ist beeindruckt von der Radikalität, mit der Hoda Taheri hier von den Absurditäten der deutschen Flüchtlingspolitik erzählt. Aber noch wichtiger ist, dass sie eine überzeugende künstlerische Form dafür gefunden hat.