Aimée & Jaguar
Filminfos
Gattung: | Drama; Romanze |
---|---|
Regie: | Max Färberböck |
Darsteller: | Juliane Köhler; Maria Schrader; Johanna Wokalek |
Drehbuch: | Rona Munro; Max Färberböck |
Kamera: | Tony Imi |
Schnitt: | Barbara Hennings |
Musik: | Jan A.P. Kaczmarek |
Weblinks: | filmfriend.de; |
Länge: | 126 Minuten |
Kinostart: | 11.02.1999 |
Verleih: | Senator |
Produktion: | Senator Film Produktion GmbH, Senator Film Produktion; |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
Über eine kleine Rahmenhandlung der Jetzt-Zeit führt derfaszinierende Liebesfilm in eine ungewöhnliche Geschichte, die
sich während des Zweiten Weltkriegs in Berlin ereignet hat. Mit
seltener Intensität verkörpern die bis in die kleinsten Rollen
glänzend besetzten und brillant spielenden Darsteller
differenzierte Charaktere. Nicht politische Weltgeschichte der
NS-Zeit wird erklärt, es entsteht vielmehr über kleine
persönliche Begegnungen auch außerhalb des Privaten wie die mit
dem Fotografen oder den Nachbarn ein außerordentlich genau
beobachtetes pointiertes Bild einer Zeit, die nicht nur durch die
Überlebenden und sich Erinnernden sondern auch durch die
Erzählung dieses Films mit den poetischen Gedichten Felices
gegenwärtig bleibt.
Das Drama entwickelt sich zunächst im privaten Bereich. Lilly,
Hausfrau und Mutter von vier Kindern, der Mann ist Frontsoldat,
verliebt sich in die geheimnisvolle lebensgierige Felice, in
deren Freundinnenkreis lesbische Beziehungen alltäglich sind. Vom
Glück der Zweisamkeit und der sexuellen Attraktion erzählen die
selten schönen sensiblen Liebesszenen. Nachdem Lilly aus
glühender Liebe sämtliche Brücken zu ihrem bürgerlichen Dasein
abbricht, klärt sich Felices Geheimnis, sie ist Jüdin. Trotz der
dramatischen Zuspitzung sind die liebenden Frauen jedoch keine
Opfer, solange sie zusammen sind. Felices Motto: "Nicht für immer
- jetzt!" überträgt sich als Lebensmut, Unbeschwertheit und Kraft
auf all ihre Freundinnen, und, als diese tot oder geflohen sind,
auf Lilly. Für Trauer ist keine Zeit. Sie entsteht erst im
Rückblick.
Die Kameraführung verleiht mit klaren Perspektiven und kühnen
Lichtstimmungen der inneren Befindlichkeit der Protagonistinnen
Ausdruck und schafft zugleich ein ungemein stimmiges Bild von
Gefahr, Bedrohung und Geborgenheit der Kriegszeit in Berlin. Die
gewagten Hell-dunkel-Stimmungen des Flures, die warme Wohnung als
Ort der Geborgenheit, die fahlen hektischen Außenszenen
kennzeichnen eine Atmosphäre, die vor allem auch durch die
ungemein detailgetreue Ausstattung, durch Masken- und
Kostümgestaltung eine starke Suggestionskraft ausübt.
Wie Interpunktionen wirken die gekünstelten und als Zitate
erscheinenden Bilder der Luftangriffe. Die Montage schafft
spannende und ohne Effekthascherei unmerkliche, nahtlose
Übergänge, die den Sog der Geschichte unterstützen. Die mit gut
ausgewähltem Archivmaterial und Unterhaltungsmusik der Zeit
dezidiert erarbeitete Tonebene vermittelt unaufdringlich den
historischen Charakter und die kulturellen Strömungen der Zeit.
Kongenial verbinden sich in diesem Film filmische
Gestaltungsstrukturen, die gerade durch den Verzicht auf
Spektakuläres der innigen Geschichte ihre emotionale Radikalität
verleihen.