Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Es ist immer einfach, von Gewinnern zu erzählen. Doch erst beim Scheitern zeigt sich, wie stark ein Charakter wirklich ist. Diese Erkenntnis dürfte die Macher des Kinderfilms ABSEITS FÜR GILLES dazu bewogen haben, nicht mit einem Triumph des Protagonisten beim alles entscheidenden Fußballspiel zu enden. Dabei hätte der 12jährige Gilles es wirklich verdient, einmal einer der „Roten Teufel“ der belgischen U 15-Nationalmannschaft zu werden. Der Film erzählt einfühlsam und erstaunlich komplex davon, wie sehr der Titelheld sich um die Erfüllung dieses Traums bemüht, und welche Hindernisse er auf diesem Weg bewältigen muss. Die Liebe zum Fußball und den Ehrgeiz hat er von seinem Vater geerbt, und eines seiner Probleme besteht darin, dass sein Vater seine (bei der eigenen gescheiterten Karriere als Fußballspieler enttäuschten) Hoffnungen nun auf seinen Sohn setzt und diesen zu Höchstleistungen antreibt. So wird Gilles zum einen zwar optimal gefördert, zum anderen muss er aber auch immer die Idealvorstellungen seines Vaters erfüllen, und wie dessen Idol, der Brasilianer Garrincha spielen. Da dieser mit beiden Füssen gleich gut spielen konnte, wird Gilles von seinem Vater dazu angetrieben, auch mit links zu spielen, obwohl ihm dies offensichtlich nicht liegt. Der Sohn muss lernen, sich gegen seinen übermächtigen Vater zu behaupten, sogar noch über dessen Tod hinaus. Denn nachdem sein Vater während eines Spiels seines Sohnes einem Herzinfarkt erlag, erlebt Gilles durch diesen Verlust seine ersten Krise, der noch weitere (wie eine Fußverletzung und der verhasste neue Freund der Mutter) folgen werden. Durch teils fantastische (der Vater trainiert seinen Sohn als Geist weiter), teils eher prosaische Lösungen (die durch Küsse erkaufte Cortison-Salbe von der Apothekerstochter) gelingt es Gilles, seinem ersehnten Ziel immer näher zu kommen. Doch er wird durch seinen Ehrgeiz nicht egoistisch, wie seine Solidarität mit dem geistig behinderten Mark und seine Freundschaft mit dem farbigen Désiré zeigt. Dies machen die Filmemacher geschickt dadurch deutlich, dass Gilles bei den gezeigten Fußballspielen (die überzeugend und mitreißend inszeniert sind) meist erst durch eine Vorlage zu Désiré ein Tor von diesem vorbereitet, bevor er dann selber mit einem Torschuss glänzt. Differenziert wird auch das Verhältnis von Gilles zu seiner Mutter, deren neuem Freund und zu seiner Freundin (die sich schon als Spielerfrau sieht) in Szene gesetzt. Dabei gelingt es dem Regisseur Jan Verheyen, so geschickt und kindgerecht zu erzählen, dass der Film für das junge Zielpublikum zugleich spannend und berührend wirkt, wie auch die verschiedenen, durch Kinderjurys vergebenen Preise belegen.