Abschied vom falschen Paradies

Kinostart: 27.04.98
1989
Filmplakat: Abschied vom falschen Paradies

Kurzbeschreibung

Während einer 6jährigen Haftzeit wegen Totschlags beginnt eine junge Türkin, über deren Leben bisher immer nur andere entschieden haben, mit dem langwierigen Prozess der Selbstfindung und Selbstbestimmung.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama
Regie:Tevfik Baser
Darsteller:Zühal Olcay; Brigitte Janner; Ruth Olafsdottir; Barbara Morawiecz; Ayse Altan; Brigitte Böttrich; Serpil Inanc; Karin Klugmann
Drehbuch:Tevfik Baser
Buchvorlage:Salina Scheinhardt
Kamera:Izzet Akay
Schnitt:Renate Merck
Musik:Claus Bantzer
Länge:96 Minuten
Kinostart:27.04.1998
Verleih:Impuls Filmverleih
Produktion: Ottokar Runze, Studio Hamburg, ZDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Nicht Elfis Mord an ihrem türkischen Ehemann, als verzweifelter Akt der Selbstbefreiung ausgewiesen, ist das Thema des Films, sondern ihr Leben im Gefängnis, ihr Emanzipationsprozess von der erstarrten, fast stummen Fremden bis zum Reifen des Willens zu Selbstständigkeit aus eigener Kraft. Und schließlich bis hin zum Sturz in Hoffnungslosigkeit, nachdem ihre Ausweisung in die Heimat nicht verhindert werden kann, wo ein neuer Prozess, neue Strafe und Rache der Familie ihres Mannes auf sie warten.

Die Absurdität dieser Situation in einer vermeintlich modernen, angeblich aufgeschlossenen Welt, kommt in einem Drehbuch, das von sparsamen Dialogen lebt und die Tragik des Geschehens in einer geschickten Rahmenhandlung spannend aufbereitet, zu gelungenem Ausdruck. Und da der Regie mit der sensiblen türkischen Schauspielerin Zuhal Olcay das richtige "Medium" zur Verfügung steht, ist das Resultat ein Spielfilm, der den Zuschauer betroffen machen muss und der vielleicht, dies wäre sein schönster Effekt, auch positive politische Folgen haben könnte.

Alles was der Handlung an vermeintlicher Verdeutlichung fehlt, alles was der Reisseur nicht gedreht hat (z.B. nicht die Vergewaltigungen, die die Tat auslösen, nicht den Mord, auch nicht den Selbstmord, ebenso wenig die mögliche Rettung durch Asylgewährung oder Scheinehe) gereicht dem Film zur Qualität. So beschreibt das letzte Bild kein Happy-End, sondern lange nachwirkend das ratlose Gesicht der Entlassenen, ihren Abschied in die Angst.

Kaum erforderlich zu erwähnen, dass sich die Kamera (vor allem auch in den Alptraumszenen) dem Anspruch des Vorhabens gewachsen zeigt, auch die Musik - ausgenommen vielleicht die irritierende Akkordeon-Untermalung einer ersten, vorsichtig tastenden, stumm bleibenden Begegnung zwischen türkischen Leidensgenossen im Gefängnis.