3° kälter

Kinostart: 16.03.06
2005
Filmplakat: 3° kälter

FBW-Pressetext

Das richtige Leben im falschen zu finden - (auch) davon erzählt elegant indirekt der stilsicher inszenierte Film.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Florian Hoffmeister
Darsteller:Bibiana Beglau; Sebastian Blomberg; Johann von Bülow
Drehbuch:Mona Kino; Florian Hoffmeister
Länge:104 Minuten
Kinostart:16.03.2006
Produktion: blue eyes Pictures GmbH & Co. KG, sabotage films;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein Bahndamm in einem Stadtteil von Nürnberg trennt den Kosmos der Beziehungsgeflechte von der Außenwelt, die mäandernde Filmerzählung wirkt oft wie ein Kammerstück inszeniert. Die Freundespaare, wie sie mit sich selbst beschäftigt sind und wie ihre Verhältnisse miteinander verschwimmen, sind aufgrund ihrer Ähnlichkeit manchmal schwer auseinander zu halten.

Der Kern der Geschichte ist einfach. Es beginnt am Meer mit einer Suche nach Jan, einem Freund, der offensichtlich nicht gefunden werden will. Nach fünf Jahren taucht er wieder auf und bei Marie werden kaum vernarbte Liebeswunden wieder aufgerissen. Sie ist längst mit einem anderen aus der Clique verheiratet, der nun die Konfrontation mit einem Nebenbuhler bestehen muss. In diese Geschichte eingebettet und verwoben sind die Konflikte von Mittdreißigern, wie wir sie alle kennen könnten: Eifersucht, Fremdgehen, Entscheidungen treffen, Lebenslügen, Lebensziele, Selbstbetrug, Feigheiten und Unentschiedenheiten. Die wesentliche Fragestellung im Film ist: Was ist wichtiger: zu lieben oder geliebt zu werden?

Diese sensibel, feinfühlig und stimmig inszenierte Lebensstudie hat schöne Bilder, kühl oft und verhalten, aber von Kraft und stilistisch sicherer Hand geprägt. Sorgfältig ist auch die Ausstattung, zum Beispiel die der Wohnung von Jans Eltern als erkühltes Abbild der Beziehungslosigkeiten oder die Altbauwohnung von Marie und Frank, die trotz der schönen Accessoires so winklig wie deren ungeklärtes Zueinander wirkt. Das dargestellte Leben erscheint seltsam unbehaust und unterkühlt, besonders der Generationskonflikt in der Familie von Jan. Die Charaktere von Mutter, Vater und Bruder werden präzise seziert. Alle scheinen auf der Flucht vor sich selbst, große Gefühle kommen nicht auf in dieser Welt.

Die Kamera arbeitet häufig mit Schärfen und Unschärfen und das Licht ist den Stimmungen der Protagonisten gemäß oft seltsam farblos grau gehalten. Ein Lob gilt auch der Musik, die sich unaufdringlich auf den Grundtenor des Films bezieht.

Insgesamt wirkt die narrative Struktur versteckt und gut kaschiert aufgebaut. Jeder Zuschauer muss für sich seine eigenen Geschichten herauslesen und erschließen. Die Spannung steckt im Nebulösen, in der Erwartung, das etwas Dramatisches passieren könnte. Wenn Jan wieder geht, bleibt die Frage offen, ob für die Akteure der Anstoß heftig genug war, ihr Leben zu überdenken.