366 Tage
FBW-Pressetext
Ein Mann sitzt im Auto und hört die Sirenen eines Rettungswagens. Er erinnert sich an seine Zeit im Zivildienst, an Begegnungen mit Patienten und an die Unbarmherzigkeit des durchkalkulierten Gesundheitssystems, das keinen Platz für lange Gespräche mit einsamen Menschen lässt. Und er erinnert sich an seinen älteren Kollegen, der ihm zunächst unnahbar erschient, bis er ihm ein Geschenk macht, welches hilft, die quälende Zeit zu überstehen: den Radetzkymarsch. In dem 12minütigen Animationsfilm von Johannes Schiehsl wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der für viele steht. Der Zwiespalt zwischen dem Wunsch, jedem helfen zu wollen und dem zeitlichen Druck, alles so schnell wie möglich zu erledigen, wird in ausdrucksstarken und simpel animierten Bildern gut reflektiert. Die Idee der musikalischen Komposition, die so gar nicht zur Szenerie passen will, dann aber zu einer Art Rettungsanker wird, ergänzt diesen inhaltlich facettenreichen und gelungenen Kurzfilm.Filminfos
Gattung: | Animationsfilm; Kurzfilm |
---|---|
Regie: | Johannes Schiehsl |
Darsteller: | Hosea Ratschiller; Peter Hörmanseder; Johannes Schiehsl |
Drehbuch: | Johannes Schiehsl |
Kamera: | Johannes Friedrich Schiehsl |
Schnitt: | Johannes Friedrich Schiehsl |
Musik: | Alexander Zlamal |
Weblinks: | filmsortiment.de; |
Länge: | 12 Minuten |
Produktion: | Filmakademie Baden-Württemberg GmbH |
Jury-Begründung
Mit dem Animationskurzfilm 366 TAGE hat Johannes Schiehsl sein bemerkenswertes Talent unter Beweis gestellt. Er vermag persönliche Erfahrungen, die er beim Zivildienst gewonnen hat, zu komprimieren und in Episoden so zu veranschaulichen, dass relevante Fragen aufgeworfen werden. Zum Beispiel: Wie steht es mit der psychologischen Betreuung von Patienten? Berücksichtigt ein effizientes modernes Gesundheitswesen ausreichend den menschlichen Faktor? Wie kann man sich als Pfleger wappnen, um dem Alltag auf Dauer gewachsen zu sein?Patrick ist eine Figur, die rasch die Sympathie der Zuschauer gewinnt. Sein Kollege Richard begegnet dem jungen Zivi anfangs spröde, doch ist er für ihn da, als Patrick seine Hilfe wirklich braucht. Auch die „Frau ohne Nieren“, der „Schachspieler“ und ein alkoholsüchtiger Rollstuhlfahrer sind hilfsbedürftig. Patrick versucht, ihnen zu helfen und muss die Erfahrung machen, dass dies nicht einfach ist. Das strenge Zeitregime des Dienstplanes lässt kaum Spielraum. Die Alltagsroutine kostet Kraft. Vielleicht kann zuweilen die Kunst oder die Musik, bzw. exemplarisch der Radetzky-Marsch, dem Helfer eine Hilfe sein.
Sicherlich kann man kritische Einwände vorbringen, denn nicht allen mag diese Form der Darstellung gefallen. Auch gibt es zuweilen Vorbehalte gegen die Ästhetik der Computeranimation. Doch wenn man sich auf den Kurzfilm einlässt und dabei dessen eigene Prämissen gelten lässt, wird man seinen Wert zu schätzen wissen. Auch wenn manche seelischen Probleme scheinbar nur deklariert sind, kann der Zuschauer durchaus Empathie aufbringen und der stimmigen Handlung gut folgen. Entscheidend ist, dass die Kommunikation gelingt. Eine einfache Geschichte wird hier unkompliziert erzählt. Die musikalische Untermalung von Alexander Zlamal empfand die FBW-Jury als gelungen.