27 Schritte

Filmplakat: 27 Schritte

FBW-Pressetext

Corona. Lockdown. Notarzt. Zwischen Schmerz, Fassung und Trauer schildert die Regisseurin Andrea Schramm in einem sehr intimen Dokumentarfilm die letzten Schritte Ihres Vaters, der zum Beginn der Corona-Pandemie isoliert von seinen Liebsten ins Krankenhaus kommt und kurz darauf verstirbt. Die Familie muss anschließend den Verlust bewältigen. In statischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen der elterlichen Wohnung entspinnt sich ein bedacht gefasster, aber auch ehrenvoller Trauerprozess, in dem die Witwe und Tochter in Telefonaten mit Angehörigen und Nachbarn die traurige Nachricht überbringen. Die Tonaufnahmen der Telefonate über der bleiernen Leere der Wohnung erlauben der Familie ihre ganz eigene Bewältigung des Verlusts in einer Zeit, in der eine tröstende Umarmung oder Nähe nicht möglich sind. Die vom Vater zurückgelassenen Sammelgegenstände in der Wohnung, die Couchgarnitur im Wohnzimmer oder das elterliche Schlafzimmer sprechen Bände und lösen über das Einzelschicksal hinaus Betroffenheit im Betrachtenden aus. Schließlich stellt sich die Frage, die jeden in der Trauer beschäftigt: Was bleibt? Unausfüllbare Leere und die Anzahl der Schritte, die der Vater von einem Ort in der Wohnung zum anderen benötigte.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Andrea Schramm
Drehbuch:Andrea Schramm
Kamera:Sebastian Mez
Schnitt:Grete Jentzen
Webseite:schramm-matthes-film.de;
Länge:21 Minuten
Produktion: Schramm Matthes Film Andrea

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es ist Corona – Lockdown. Der Vater wird zuhause vom Sanitätsdienst abgeholt und in die Klinik gebracht. Der Tochter wird der Zugang zur Klinik verwehrt und sie kann ihren Vater in den letzten Stunden bis zu seinem Tod nicht beistehen. Mutter und Tochter sind in der elterlichen Wohnung isoliert. Nur das Telefon verbindet sie mit der Außenwelt, die vom Tod des Vaters informiert werden muss. Der Film erzählt auf intime Weise die sehr persönliche Geschichte der Regisseurin. Die von ihr gewählte Form für diesen Film ist außergewöhnlich und bestens gelungen. Statische, ja geradezu fotografische Aufnahmen in Schwarz/Weiß zeigen uns die Zimmer der Wohnung im Zustand zur Zeit der Isolation, dazu die geleerten Räumlichkeiten nach dem Auszug. Im Hintergrund hören wir die Telefonate der Mutter, wie sie Freunde und Verwandte des Toten informiert, gefasst wie auch emotional berührt. Die asketische Strenge der filmischen Erzählform unterstreicht die Hoffnungslosigkeit, ja Unbarmherzigkeit der Isolation und ist ein Synonym für so viele andere Schicksale in Zeiten der Pandemie. Wie grausam ist es, nicht Abschied nehmen zu können vom geliebten Menschen. Wie grausam ist es auch, seine Trauer in der Isolation ausleben zu müssen. Es ist eine bleierne Zeit. Andrea Schramm nimmt mit ihrem Film mit einer großen Verbeugung Abschied von ihrem Vater und vermittelt trotz aller Trauer und Schmerz dem Zuschauer noch etwas Tröstliches.