Filmplakat: 11

FBW-Pressetext

Der Schütze tritt an. Hinter ihm steht der Rest der Mannschaft, um ihn herum feuern ihn Abertausende an. Und vor ihm steht der Torwart. Zwischen beiden sind elf Meter Platz. Elf Meter, die über Himmel oder Hölle entscheiden. Über ein Bad in der Menge oder ein Pfeifkonzert der Schande. An was soll er jetzt noch denken? Ja, an was eigentlich? Genau diese Frage stellt sich der Filmemacher und Künstler Vuk Jevremovic in seinem neuen Animationsfilm. Mit einer explosiven kreativen Kraft „schleudert“ Jevremovic die Bildideen auf die Leinwand, in einem Meer aus Farben, Formen und Animationsstilen. Eine Fotokollage trifft auf mit Ölfarben gemalte Impressionen, und scheinbar wild zusammengewürfelte Bilder verbinden sich zu einer assoziativen Melange aus Krieg, Kunst, Fantasie und Realismus. Als Publikum wird man Teil dieses „Partikelstroms“ und erhält ein reichhaltiges Angebot, über die vielen Bedeutungsebenen des modernen Fußballs – die Vermarktung und der Ausverkauf der Traditionswerte an das Großkapital, die Eventisierung der Spiele, die fehlende Rückbesinnung auf die Wurzel des Fußballs im einfachen Straßensport – nachzudenken. Ein wilder Bilderritt – und ein filmkünstlerischer Volltreffer.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Vuk Jevremovic
Drehbuch:Vuk Jevremovic
Kamera:Vuk Jevremovic
Schnitt:Iva Kraljevic
Musik:Luka Sulic
Länge:5 Minuten
Verleih:Bonobostudio
Produktion: Vuk Jevremovic

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Kurzfilm eröffnet seinen Plot mit der römischen Zahl „XI“. sie zittert, ist unbeständig, das Bild löst sich auf. Stadionsound führt direkt zum Titelthema, der Elf auf dem Rund eines Fußballstadions. Dann beginnt eine kunstvolle Animation, die mit einer Vielzahl von Zeichentechniken wie Bleistift, Graphit, Kreiden, Rötel, Aquarell, Öl und mehr in hohem Tempo Bilder aus dieser Stadionatmosphäre evoziert. Die Spieler sind die Protagonisten. Sie wandeln ihre Gestalten, ihre Orte und Gedanken. Wenn man sich im Stadion befindet, kulminiert die Welt in diesem Spiel, soweit die filmische Erzählung. Dabei geht die Idee des Films weit darüber hinaus, indem der Fußball als etwas sehr Universelles dargestellt wird, die Emotionen aller darin Verbundenen erlebbar machend. Die sich auflösenden und wieder zusammensetzenden Bilder erzeugen einen großen Sog, ob man Fußball mag oder nicht. Die Stereotype sind erkennbar: der Lärm der Zuschauenden, der Jubel, die Enttäuschung beim Misserfolg. Darin agieren die Spieler, insbesondere die Torhüter und die potentiellen Schützen, nachdem der Pfiff zum Elfmeter ertönt. Allegorisch schauen wir in die Köpfe der Spieler. Bilder der Weltkultur laufen ab: Gemälde der Renaissance, antike Statuen, die Berge in Mitteleuropa, aber auch Kuhhirten, die Favelas, anderes mehr. Das Tempo ist hoch, die Motive verwirbeln immer wieder. Sie scheinen der Jury ein wenig willkürlich und auch etwas eurozentristisch ausgewählt, was kritisch diskutiert wurde. Dennoch erzählt dieser kleine Film auf charmante und sehr ungewöhnliche Weise diese Sportwelt mit den Sprachausbrüchen der Kommentatoren, wo die Spieler Helden, Gladiatoren, Stiere werden und wo die „Spinne“ oder „Krake“ im Tor den erfolgreichen Torschuss zu verhindern sucht. Der Film erzählt von der Euphorie, die der Fußball weltweit auslöst und vom Erwartungsdruck, der auf den gewordenen Helden lastet. Er erzählt aber auch von den Schattenseiten: Haut und Fleisch schälen sich von Körpern, Köpfe rollen oder werden abgenommen. Der Druck kann tödlich sein. Brot und Spiele – die römische Ziffer des Anfangs schwebt gedanklich über dem Plot. Damit wird auch die Idee wieder konterkariert, dass der Fußball etwas die Herkunft egalisierendes hätte. All das wird vom Sound von Luka Sulic nicht nur illustriert, sondern genau grundiert. Vuk Jevremovic zeichnet für die Kamera, das Drehbuch und die Regie bei diesem filmischen Experiment verantwortlich, das mit einer sehr kreativen Animation und einer flirrenden Gedankenkaskade aufwartet. Die Jury verleiht dem Film gerne das Prädikat „besonders wertvoll“.