Filmplakat: Valley Pride

FBW-Pressetext

Valley Pride, Kalifornien. Ein scheinbar unendlich verlaufendes Gebiet an Agrarfläche. Gemüse, wohin man blickt. Dazwischen die Erntehelfer, deren Gesicht vermummt ist. Und hinter der Monotonie dieser Perfektion? Tote Erde, tote Bäume, tote Wüste. In seinem neuen experimentellen Dokumentarfilm VALLEY PRIDE lässt der Filmemacher Lukas Marxt die Kamera über einer surreal anmutenden Landschaft schweben, deren Künstlichkeit durch die Bildkadrierung ästhetisch reizvoll und gruselig kalt zugleich wirkt. Einen Kommentar gibt es, wie schon in ähnlichen Filmen des Regisseurs nicht, nur die lange stehenden Plansequenzen, die ausgedehnten Fahrten über das ewig Gleiche, sprechen für sich, in Verbindung mit einem basslastigen Sound, der in der Repetition eindringlich und im besten Sinne enervierend ist. Man könnte durch Lukas Marxts kluges Vorgehen fast an eine Inszenierung glauben, doch die „Massenernte“ auf dem Feld ist unwiderlegbare tagtägliche Realität, die uns Betrachtenden schmerzhaft vor Augen hält, dass billiger Konsum teure Folgen hat. Ein beeindruckender experimenteller Kurzfilm, der seine Stilmittel genau richtig einsetzt, um seine filmische Botschaft zu vermitteln.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Lukas Marxt
Drehbuch:Lukas Marxt
Kamera:Lukas Marxt
Schnitt:Lukas Marxt
Musik:Jung An Tagen
Länge:14 Minuten
Verleih:sixpackfilm
Produktion: s u n³b°u°r°s t FILM
Förderer:Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der mittellange experimentelle Dokumentarfilm VALLEY PRIDE startet furios: Bei einem Kopfüberflug durch einen Palmenhain sehen wir die Welt verkehrt herum. Sie steht förmlich auf dem Kopf. Abrupt endet das Bild, um den Zuschauenden in eine bizarre Landschaft zu entführen. Wo wir sind, erfahren wir erst am Schluss. Bis dahin lässt der Film sich Zeit für die Bilder, die aus der effizient arbeitenden industriellen Lebensmittelherstellung erzählen. Hier muss alles hergebracht werden: Wasser, Pflanzen, Arbeitspersonal, landwirtschaftliche Fahrzeuge, Kisten und Folien zum Verpacken. Die Landschaft ist zerstört. Die Kamera fotografiert ganz ausgezeichnet den Zyklus des Wachstums, Details von Erdbearbeitungs- und Erntemaschinen, und lässt sich Zeit für Zusammenhänge. Die Bilder laufen fast traumwandlerisch. Und klug, bevor wir sie uns schön sehen können, trennen harte Schnitte die Szenen voneinander ab. Der Verfremdungseffekt als künstlerisches Mittel stärkt die experimentelle Filmästhetik. Das offene Setting hält das Interesse an den Bildern hoch. Aus einer grünen Oase steigen Vogelschwärme auf, ein verkehrtes Paradies. Im Takt erfolgt die Ernte. Die Menschen erscheinen hier als Fremdkörper, anonyme Gestalten in einer postapokalyptischen Szenerie. Die Bilder liefern keine Erklärungen. Sind die Arbeitskräfte hier vermummt, weil die Sonne gnadenlos auf sie herunter brennt? Die Kamera fängt die flirrende Luft ein. Hat die Vermummung mit stauberfüllter Luft zu tun? Ist sie pestizidgeschwängert? Weiß-grauer Rauch steigt aus einer Fabrik im Hintergrund auf. Verpackt werden Salatköpfe und -herzen, so wie wir sie aus unseren Supermärkten kennen. Die Projektionsebene des Films ist größer als seine Aussage. Er bietet dem Zuschauenden, der zugegeben einige Seherfahrungen mitbringen muss, Zeit für Assoziationen. Ausgestaltet werden diese eindrücklichen und immer wieder klug montierten Bilder durch einen überaus stimmigen Sound, für dessen musikalische Klänge die Band „Jung an Tagen“ verantwortlich zeichnet. Valley Pride ist ein zerstörtes Stück Erde in der kalifornischen Wüste, einer der größten landwirtschaftlichen Nutz- und Ausbeutungsflächen in den USA, wo Migranten mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus prekäre und lebensgefährliche Arbeit verrichten: vermummt und, das ist das Sarkastische, zu ihrer Sicherheit. Das Schlussbild bietet einen grandiosen Twist zur Eingangsszene und die Vorlage für eine interessante Diskussion in der Jury, die diesem Film gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL verleiht.