Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Was wir sehen, was wir erfahren ist oft trügerisch und mehrdeutig. Und außerdem sehr stark von unserer Interpretation, unserer subjektiven Situation abhängig. Der Experimentalfilm SECHSTER SINN, DRITTES AUGE, ZWEITES GESICHT signalisiert bereits in seinem programmatischen Titel diesen Umstand, der im Volksmund viele Bezeichnungen gefunden hat. Jan Riesenbeck führt uns mit Selbstironie und klugem Witz in zahllose, fantasievolle Bilderwelten. Wir erleben das Leben als Puzzle, formbar wie Glas. Wie bei einem Jahrmarktspektakel sehen wir mit dem Staunen von Kindern magische Zauberer, flügellahme Schutzengel, lachen über Bauchredner, die sich mit ihrer Puppe verwechseln, entdecken den eigenen Schlaf als Spiegel im Inneren einer Sanduhr, sehen Menschen, die sich selbst als Paket verschicken und schließlich erleben wir sogar die Beerdigung der Zeit als größten Triumph der Kindheit! Über dieser scheinbar endlosen Bilderflut steht die höchst ironische Aufforderung „Wir müssen uns mehr auf das Wesentliche konzentrieren!“ Da bleibt die Frage: Was ist das Wesentliche im anwachsenden Chaos der Informations- und Bilderfluten unserer Zeit? Jan Riesenbecks, im wahrsten Sinn des Wortes, „Experimentalfilm“ ist ein überbordender Reigen an filmischen Ideen. Ein Einfall jagt den nächsten, so wie in unserem mediengeprägten Alltag der schnellen Bilder und flüchtigen Eindrücke Ein Bild das andere jagt. Es sind großartige Bildcollagen, die in einer rhythmischen Beziehung zum Text stehen. Jeder Betrachter kann permanent seine Bildinhalte assoziieren und seine eigenen Interpretationen entstehen lassen. Die Jury war sich einig: Ein handwerklich grandioser, ein kluger und verwirrender Film!