Ludwig II.
FBW-Pressetext
Als „Märchenkönig“ ging er in die Geschichte ein: Ludwig II. von Bayern. Dass sein Schicksal neben allerlei Prunk und visionärem Gigantismus auch Verzicht und Traurigkeit bedeutete, zeigt auf imposante Weise der neue Film von Peter Sehr und Marie Noëlle. Nach dem frühen Tod seines Vaters besteigt Ludwig Ende des 19. Jahrhunderts mit nur 18 Jahren den Thron. Abgestoßen von militärischen Ideen liegen seine Ziele und Wünsche für das Land im Ausbau der Kultur. Besonders die Musik von Richard Wagner hat es ihm angetan, und so holt er den als Revolutionär verschrienen Komponisten an seinen Hof. Ludwig gibt Wagner Geld und baut sich selbst märchenhafte Schlösser als Kulissen für seine Träume von einer friedlicheren Welt. Doch mit der Zeit rebellieren die Minister gegen seine kostspieligen Pläne. Ludwig selbst versinkt in Schwermut und Einsamkeit. Bis seine Zurechnungsfähigkeit in Frage gestellt wird. Sehr und Noëlle setzen mit ihrem opulenten Werk dem legendären Bayernkönig ein glanzvolles Denkmal. Mit einer bis in die Nebenrollen hochkarätigen Besetzung, grandiosen Kulissen und Kostümen und bildgewaltigen Sequenzen, die opernhaft Ludwigs Wesen in Szene setzen, entsteht das Portrait eines Mannes, dem ein ganzes Land zu Füßen lag und der zerrissen war zwischen seinen visionären Träumen und dem Scheitern an ihrer Realisierung. In ihren Rollen glänzen insbesondere Sabin Tambrea, androgyn und fast zerbrechlich in seiner Darstellung, sowie Edgar Selge als Richard Wagner. Das Leben von Ludwig II. endete tragisch. Doch filmisch lebt die Legende weiter.Filminfos
Jury-Begründung
Selten hat eine historische Persönlichkeit so viele Filmregisseure zu Interpretationen angeregt, wie Ludwig II. So verfilmten unter anderem Helmut Käutner 1955 mit O.W.Fischer, Hans-Jürgen Syberberg 1971 mit Harry Baer und Luchino Visconti 1972 mit Helmut Berger in der Titelrolle in eigenständigen Lesarten die Geschichte der schillernden wie zerrissenen Persönlichkeit des Bayernkönigs. Nun präsentieren uns Peter Sehr (KASPAR HAUSER) und Marie Noëlle ihr „Mammutprojekt“, das sich in der Auswahl der Lebensstationen des Protagonisten durchaus am Vorbild Visconti orientiert. Erzählt werden wichtige Punkte im Leben des „Märchenkönigs“, die von seiner Thronbesteigung bis zu seinem tragischen Tod reichen. Voller Idealismus übernimmt Ludwig 1864 im Alter von 18 Jahren den bayrischen Thron. Schwer jedoch lastet das Erbe seines militanten und strengen Vaters auf ihm. In einer Zeit, in der Armut und Krieg allgegenwärtig sind, glaubt Ludwig der „Träumer“ an eine bessere Welt. Sein Reich soll zum Mittelpunkt der Schönheit werden, Kunst und Kultur sollen in Bayern aufblühen. Statt in Waffen möchte Ludwig die Staatsgelder in Theater, Musik und Bildung investieren. Er liebt die Opern von Richard Wagner über alles und holt gegen den erklärten Widerstand seiner Minister den umstrittenen Komponisten an seinen Hof. Die Uraufführung von Wagners Oper „Tristan und Isolde“ am Münchner Nationaltheater wird ein großer Erfolg. Mit Interesse stürzt sich Ludwig ins politische Geschäft, besetzt wichtige Posten des Hofstaates mit Vertrauten und schmiedet Allianzen. Doch die Umstände seiner Zeit sind gegen ihn. So wird sein geliebtes Reich in Kriege mit Preußen wie Frankreich verwickelt und erleidet schwere Niederlagen. Die Minister rebellieren gegen den „Ausländer“, den „Revoluzzer“ Wagner und seine kostspielige Förderung. Der väterliche Freund muss schließlich München verlassen. Die fest geplante und vom Volk ersehnte Hochzeit mit Sophie von Bayern sagt Ludwig ab, weil er sich eingestehen muss, dass ihn mit seiner Verlobten nicht mehr als Freundschaft verbindet und er heimlich seinen jungen Stallmeister Richard Hornig liebt. Ludwigs große Pläne scheitern und er kommt nicht zur Ruhe. Desillusioniert und geplagt von Depressionen zieht er sich zurück und schafft sich in Neuschwanstein sein kostspieliges Traumreich der Fantasie. Hier lebt er abgeschirmt von der Außenwelt pompös nach dem Vorbild von Louis XIV. Die prächtigen Bauten seiner Schlösser führen letztlich zur Insolvenz und zum Konflikt mit seinem Ministerrat. König Ludwig wird als geisteskrank erklärt und entmündigt. Am 13.Juni 1886 wählt er den bis heute ungeklärten Freitod im Starnberger See...Mit enormen Kostenaufwand, prominenter Besetzung bis in die Nebenrollen sowie mit einem Starkameramann (Christian Berg) und Ausstatter (Christoph Kanter) überzeugt das opulente Filmwerk zweifelsohne handwerklich. Kann man im ersten Teil des Films noch eine aktuelle Lesart des großen Stoffes erkennen, wenn zum Beispiel in einer Szene Ludwig vor dem Spiegel selbstverliebt seine Antrittsrede probt und schon hier sein Scheitern klar wird, versinkt das Monumentalwerk im zweiten Teil aber mehr und mehr in eine Art „Belegdramaturgie“ für historische Situationen, in denen sich der Bayernkönig laut Geschichtsschreibung höchstwahrscheinlich einst befunden hat. Dort wo bei Visconti zunehmend eine feinnervige Konzentration auf die innere Befindlichkeit der Hauptfigur erfolgt, wo von den mutmaßlichen historischen Vorgängen auch manches bewusst im Dunkel bleibt, geht Sehrs und Noëlles Film immer stärker auf die äußeren Vorgänge ein und stellt in streckenweise naturalistisch-illustrativer Form nach dem Motto: „So war es“, alles dar. So bleibt auch am Schluss leider kein Geheimnis mehr. Auch hier gilt die Regel: weniger wäre vielleicht mehr gewesen. Großartig sind jedoch besonders die Darsteller Sabin Tambrea (als junger Ludwig), Edgar Selge (Richard Wagner), Justus von Dohnanyi (Johann Lutz) und Samuel Finzi (Lakai Mayr). Enttäuscht ist man aber, wenn man von einem Bildgestalter wie Christian Berg (DAS WEISSE BAND) eine innovative Kamera erwartet. Die überaus konventionelle Kamerasprache wie auch der Schnitt sind weitestgehend ohne besondere filmische Eigenständigkeit. So können nur ganz selten wirklich große Filmbilder entstehen. Ebenso überraschend ist, dass ein erfahrener Filmkomponist wie Bruno Coulais mit seiner überbordenden Musik oft das emotionale Spiel der Schauspieler doppelt. Fazit: Der großangelegte Kostümfilm „LUDWIG II wurde spürbar für den internationalen Markt und eine spätere TV-Auswertung produziert. Künstlerische Experimente im Sinne Viscontis werden da wohl nicht gewagt.