Der junge Karl Marx

Kinostart: 02.03.17
2017
Filmplakat: Der junge Karl Marx

FBW-Pressetext

Paris im Jahre 1844: Karl Marx lebt dort mit seiner Frau Jenny im Exil. Sie können sich finanziell kaum über Wasser halten und es herrscht eine allgemeine Umbruchstimmung, denn wir befinden uns mitten in der Industriellen Revolution. In dieser schwierigen Situation trifft Marx auf den gleichaltrigen Friedrich Engels, den reichen Sohn eines Fabrikbesitzers, der gerade eine Studie über die Verelendung der englischen Arbeiter veröffentlich hat. Nach Marx‘ anfänglicher Verachtung entwickelt sich zwischen den Gleichgesinnten eine tiefe Freundschaft. Die beiden inspirieren sich gegenseitig und wollen mit ihren philosophischen Gedanken und sozialpolitischen Überzeugungen die Welt revolutionieren. Engels schlägt sich immer mehr auf die Seite der Proletarier und bekennt sich schließlich zu seiner Liebe zu Mary Burns, einer Aufständischen. Inspiriert von ihren beiden klugen und eigenständigen Frauen Jenny und Mary verfassen Marx und Engels Schriften, die schon bald als Grundlage für das Gründungsdokument des Bundes der Kommunisten dienen sollen: das Kommunistische Manifest. DER JUNGE KARL MARX zieht den Zuschauer von Anfang an in seinen Bann. Regisseur Raoul Peck zeichnet ein detailgetreues und realistisches Bild dieses Umbruchs, vor dessen Hintergrund Marx und Engels mit ihren visionären Forderungen eine neue Gesellschaftsordnung propagieren. Ausführlich und zeitgemäß werden nicht nur die Schaffensjahre der Hauptfiguren dieser Zeit gezeigt, sondern auch die besondere Freundschaft zwischen den jungen, visionären Männern. So gelingt es dem Film, dem eher introvertierten Marx ein ausdruckstarkes Gesicht zu geben. Neben der authentisch wirkenden Szenerie verleihen die SchauspielerInnen dem Film seine realistisch anmutende Gestalt: August Diehl überzeugt auf voller Linie als analytischer Visionär Marx, ebenso gelingt es Stefan Konarske, Engels‘ Figur gebührend auszufüllen. Unglaublich mitreißend spielt Vicky Krieps die Rolle der Jenny Marx. DER JUNGE KARL MARX führt den Zuschauer kurzweilig und ohne bedrückende Schwere durch ein bedeutendes Stück deutscher Zeitgeschichte. Er vergegenwärtigt die Brillanz der 200 Jahre alten sozialgesellschaftlichen Analysen und macht gerade auch vor dem Hintergrund der neuen Entwicklungen die große Aktualität der Thesen und Theorien deutlich. Ein Film, der nicht nur im Geschichtsunterricht nicht fehlen sollte.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Raoul Peck
Darsteller:August Diehl; Stefan Konarske; Vicky Krieps; Peter Benedict; Olivier Gourmet; Alexander Scheer; Michael Brandner; Marie Meinzenbach; Jürgen Rißmann; Ulrich Brandhoff; Eric Godon
Drehbuch:Raoul Peck; Pascal Bonitzer
Kamera:Kolja Brandt
Schnitt:Frédérique Broos
Musik:Alexei Aigui
Länge:118 Minuten
Kinostart:02.03.2017
Verleih:Neue Visionen
Produktion: Agat Films & Cie, Velvet Film; Rohfilm; Artémis Productions;
FSK:12
Förderer:MBB; MDM; Film- und Medienstiftung NRW; Deutsch-Französische Förderkommission

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Einer der bekanntesten Sätze von Karl Marx fiel ihm leicht beschwipst bei einem Spaziergang mit Friedrich Engels ein. Ob das historisch so verbürgt ist, kann bezweifelt werden, aber es ist eine schöne Szene in Raoul Pecks DER JUNGE KARL MARX, in der die beiden wichtigsten Qualitäten des Spielfilms zusammenkommen. Zum einen ist der Film eine klassisch erzählte Biografie, in der die Geschichte der Freundschaft dieser beiden so unterschiedlichen Männer erzählt wird, und in dem Marx sowohl buchstäblich wie auch im übertragenen Sinne ohne seinen „Rauschebart“ gezeigt wird: als ein brillanter junger Mann, der sich in diesen Jahren immer mehr vom Philosophen in einem politischen Kämpfer verwandelte. Zum anderen wird der Film aber auch seinen Ideen und Werken gerecht, indem er klar, doch ohne dabei zu vereinfachen, zeigt, wie Marx und Engels in den vier Jahren vor 1848 zuerst jeder für sich und dann gemeinsam ihr Frühwerk bis hin zum Kommunistischen Manifest entwickelten, wie sie die politischen Zustände sahen und analysierten und gegen welche Widerstände sie ihre Positionen verteidigen mussten. Engels ist als Fabrikantensohn, der im Betrieb seines Vaters als Prokurist arbeitet und so zu der Klasse gehört, die er bekämpft, in einer extrem widersprüchlichen Situation und Marx lebt ständig in prekären Verhältnissen, kann sich und seine Familie mit seinen Schriften kaum ernähren und muss immer wieder fliehen, weil er von den Obrigkeiten verfolgt wird. Der Film zeigt, wie Marx führende fortschrittliche Denker und Politiker seiner Zeit wie Proudhon, Weitling und Bakunin trifft, sich mit ihnen auseinandersetzt und in diesem Prozess zu seinen eigenen Theorien und Visionen findet. Und er zeigt ohne jede Sozialromantik, in welchem Maße die Arbeiter und Mittellosen jener Zeit ausgebeutet und unterdrückt wurden. Der Film ist bis in die kleinste Nebenrolle großartig besetzt und neben August Diehl in der Titelrolle sowie Stefan Konarske als Friedrich Engels muss auch Vicky Krieps in der Rolle von Jenny Marx genannt werden, denn durch ihre Darstellung wird deutlich, dass Marx eine willensstarke und ihm intellektuell ebenbürtige Frau hinter sich hatte. Raoul Peck inszeniert in all diesen Registern stilsicher und umschifft auch souverän die bei historischen Filmen immer drohenden Untiefen, dass Ausstattung und Kostüme entweder zu sauber oder zu museal wirken. Und mit dem Epilog hat er ein sehr effektives Mittel gefunden, um den Zuschauer aus der Perspektive eines historischen Films, in dem von längst Vergangenem erzählt wird, herauszuschleudern. Zum plötzlich und laut ansetzenden „Like a Rolling Stone“ von Bob Dylan zeigt Peck eine Kollage von ikonografischen Bildern von den sozialen Kämpfen und sozialistischen Fehlentwicklungen rund um den Erdball zwischen der Revolution von 1848 und heute. So macht der Film deutlich, dass die Ideen von Marx und Engels immer noch relevant sind.