Filmplakat: Birds

FBW-Pressetext

Es ist ein wahre Farben- und Gefiederpracht, die dem Zuschauer in Ulu Brauns Kurzdokumentarfilm BIRDS gezeigt wird. Dabei sind es nicht nur viele verschiedene Vogelarten, die beeindrucken, sondern oftmals die Bilder und die Momente, in denen sie beobachtet werden. Ein Geier, der majestätisch seine Schwingen ausbreitet, Tauben, die in dreckigem Wasser schwimmen, das eigentlich nicht mehr ist als eine Pfütze. Ein Adler, der oben auf einem Hochhausdach über die Skyline der Stadt blickt. Dabei gelingen Ulu Braun nicht nur faszinierende Bilder von Tieren, sondern auch gleichzeitig ein Blick in unsere Gesellschaft, in unseren Alltag. Der Mensch wird als Akteur fast völlig ausgeblendet. Vielmehr nimmt der Film den Blick ein, den wir als Zoobesucher zu haben glauben, wenn wir Tiere beim scheinbar natürlichen Leben zuschauen. Nichts ist unbeeinflusst vom Menschen, so scheint es. Und doch treffen in BIRDS immer wieder die ungezähmte Natur des Tieres und die Zivilisation des Menschen aufeinander. So scheint auch das überdimensional große Werbeposter, an dem ein Vogel vorbeifliegt, fast schon bezeichnend für eine starre und unflexible Art zu leben, ganz im Gegensatz zur Freiheit des Fliegens. Eine Hand, die einen Vogel streichelt, ist dabei genauso ein Eingriff in diese Freiheit, wie das Bild eines vollgestellten Balkons in einem grauen Häuserblock. Wie genau Ulu Braun in diesen wenigen Minuten der Schönheit, aber auch der Traurigkeit Ausdruck verleiht, ist viel mehr als eine experimental-dokumentarische Kurzfilmbetrachtung über Vögel. Es ist ein Blick in eine Welt, die wir zu kennen glauben, die wir gleichzeitig aber nie ganz verstehen, geschweige denn besitzen werden. Und die nur in Freiheit in ihrer ganzen Vielfalt existieren kann.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm; Essayfilm
Regie:Ulu Braun
Drehbuch:Ulu Braun
Kamera:Ulu Braun
Schnitt:Daniela Kinateder; Ulu Braun
Musik:Felix Andriessens
Webseite:;
Länge:14 Minuten
Verleih:Kurzfilmtage Oberhausen
Produktion: Studio Ulu Braun Ulu Braun

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es sind ungewöhnliche Ansichten und Ausschnitte von überwiegend in Gefangenschaft lebenden Vögeln, die Ulu Braun in seinem essayistischen Dokumentarfilm BIRDS zeigt - ein assoziativer Bilderbogen, der aber nicht nur genau hinschaut auf die Federkleider und Schnäbel, die Augen und Füße der Tiere, sondern gleichzeitig auch das Spannungsfeld Mensch/Tier erkundet und einmal mehr die Frage stellt, wer hier in Wirklichkeit in Gefangenschaft lebt - der Vogel oder der Mensch.

Immer wieder versteht der Regisseur es dabei, nachhaltig zu irritieren. Die bedrohlich anmutende Soundlandschaft, die den Film begleitet, verweist auf eine Entfremdung, vielleicht sogar auf eine Apokalypse, ganz sicher aber auf den Umstand, dass im Verhältnis Mensch/Tier einiges aus der Balance geraten ist. In den Bildern, die er von den Tieren zeigt, erscheinen die Vögel wie majestätische, gefangene und gefallene Gottheiten, die Welt des Zoos, in der sie leben, erscheint wie ein menschenleerer Ort, ein Reich, das sie sich selbst geschaffen haben, ein Refugium, eine Fluchtstätte vor den Zumutungen des Zusammenlebens mit der Spezies Mensch, die in dieser Welt kaum je einen Ort hat und allenfalls am Rande vorkommt.

Die essayistische Form und das freie Spiel der Assoziationen regen zum Nachdenken an, die Betrachtungen der Vögel fordern geradezu zu Introspektion und Reflektion heraus und erschaffen so einen sehenswerten und klugen Film, der lange nachklingt.