Wo immer sie ist...

Kurzbeschreibung

Ein Geschäftsmann und Diplomat und seine sensitive Frau erleben als Ausländer die Unruhen im Vorkriegspolen. Die junge Frau zerbricht an den tragischen Umständen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

In der Aussprache wurde zur Begründung angeführt: Zwar ist an der Inszenierungskunst Zanussis nicht zu zweifeln, an seiner Fähigkeit also, die Szenen dramatisch zu arrangieren, die Ausstattung wirkungsvoll ins Bild zu setzten, ausdrucksvoll die Szenerie auszuleuchten und die filmischen Mittel von Kamera, Montage und Musik zur Verstärkung und Akzentuierung des Geschehens ausdrucksstark zur Geltung zu bringen.

Die Bedenken gegen eine Prädikatisierung richten sich jedoch gegen die Wahl und die Führung der Schauspieler und betreffen noch stärker das Drehbuch mit seinen Dialogen und die Konstruktion der Handlung - mag sie im einzelnen auch auf authentischem Geschehen beruhen.

Denn der Film greift politische Entwicklungen und Ereignisse auf, ohne sie auch nur andeutungsweise in den notwendigen historischen Zusammenhang zu bringen ("Reichskristallnacht") oder wenigstens ihren Fortgang (deutsch-polnische Beziehungen nach 1938) anzudeuten: der Betrachter muss sich das Notwendige aus eigenem Wissen ergänzen - oder denken.

Und der Film stellt - in gleicher Weise bruchstückhaft - private Geschehnisse und Wandlungen neben diese Handlungselemente der politischen Geschichte, ohne auch nur einen mehr als zeitlich zufälligen Zusammenhang zwischen beiden anzudeuten (so in den beiden Protagonisten): der Betrachter ist hier erst recht auf seinen Deutungsbereitschaft und -fähigkeit zurückgeworfen und angewiesen.

Schließlich gilt ähnliches auch für die Dialoge, die ein Thema meist nur "anreißen", dann aber (wie bei vielen Szenen) es dem Betrachter überlassen, wie sie wohl fortgesetzt werden sollten bzw. müssten oder wurden. Und korrespondierend zu dieser Unabgeschlossenheit der Szenen und Dialoge und der Unvermitteltheit der politischen und privaten Geschehnisse sind die Schauspieler so ausgewählt und so geführt, dass sie das Verständnis ihrer Rollen eher behindern als erleichtern.

Der Ausschuss konnte sich mehrheitlich nicht zu dem Ergebnis entschließen, dass diese miteinander verknüpften und sich ergänzenden Phänomene als - beabsichtigtes oder unbeabsichtigtes - Gestaltungsprinzip dem Betrachter die Interpretation in besonderem Maße nicht nur anheimgeben, sondern geradezu abverlangen und dass diese Gestaltung infolgedessen dem Film als Qualität anzurechnen sei. Dies wurde selbst für den Fall bestritten, dass einem um Verständnis bemühten Betrachter dies Interpretationsprinzip immerhin als sinnvoll und möglich einleuchten könne. Doch blieben in diesem Zusammenhang immerhin Zweifel, die zugunsten eines Prädikats letztendlich in die Waage fielen.