Wenn Bäume Puppen tragen
FBW-Pressetext
Auf die kleine Nabila wartet ein schweres Schicksal: Trotz ihres europäischen Lebensstils in der deutschen Großstadt reisen die Eltern mit der Siebenjährigen in ihre alte Heimat Afrika, um dort die rituelle Beschneidung des Mädchens vollziehen zu lassen. Geschickt nähert sich dieser tiefgreifende Kurzfilm der grausamen Problematik, die als Tabuthema allzu oft hinter dem Schleier des Schweigens verhüllt wird. Die beeindruckende filmische Umsetzung und eine ausgezeichnete Tonspur machen die Kontraste von zwei Welten mit gegensätzlichen, kulturellen Wirklichkeiten und Vorstellungen erfahrbar, ohne in der Inszenierung zu drastisch werden zu müssen. So vermögen die großartigen Bilder des verdichteten Dramas den verheerenden Eingriff in das Leben der jungen Mädchen und den unwiederbringlichen Verlust der Unbeschwertheit besser zu schildern als harte Worte.Filminfos
Gattung: | Drama; Kurzfilm |
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Regie: | Ismail Sahin |
Darsteller: | Chanel Addae; Luna Schaller; Cynthia Micas; Thelma Buabeng; Dayan T. Kodua; David Wurawa; Bernard Mayo |
Drehbuch: | Christoph von Zastrow |
Kamera: | Andrés Lizana Prado |
Schnitt: | Thomas Stange |
Musik: | Christoph Rinnert |
Webseite: | macchiato-pictures.de; |
Länge: | 15 Minuten |
Produktion: | Macchiato Pictures Filmproduktion Ismail Sahin |
FSK: | 12 |
Förderer: | FFA; MBB; FFF Bayern |
Jury-Begründung
Eine afrikanische Familie tritt eine Reise in die Ursprungsheimat an. Die Protagonistin ist die 7jährige Tochter Nabila. In Deutschland geboren soll sie zum ersten Mal in ihrem Leben Afrika kennen lernen. Kurz vor der Abreise freundet sie sich mit einem gleichaltrigen Mädchen an und sie tauschen zum Zeichen ihrer neuen Freundschaft die Haarspangen ihrer Puppen. Ein kurzer Wortwechsel der Eltern mit einer Verwandten lässt zu Beginn des Films aufmerken, die zornig von der Reise abrät.Ein Fest findet zur Ankunft von Nabila im afrikanischen Dorf der Eltern statt. Eine junge Frau, die zuvor von den Dorfbewohnern verjagt wurde, lockt Nabila vom Fest weg, sie folgt mit ihrer Puppe im Arm. Die Entführung wird entdeckt. Bei der Rückführung verliert sie ihre innig geliebte Puppe. Nabila wird in ein Zelt gebracht. Die plötzlich eintretende Stille und ein rostiges Messer machen spätestens jetzt deutlich, dass die traditionellen Vorstellungen der Eltern grausam umgesetzt werden sollen.
Zurück in Deutschland hat Nabila sich verändert, die neue Freundin winkt ihr bei der Rückkunft zu, doch Nabila, völlig versteinert, reagiert nicht. In Afrika hängt eine weinende junge Frau an einen riesigen Baum die liegen gebliebene Puppe von Nabila auf. Die Kamera fährt zurück und erfasst viele weitere Puppen, die für das gleiche Schicksal stehen, das junge Mädchen in Afrika erleiden mussten.
Der 15minütige Film ruft große Betroffenheit hervor und vermittelt eine hohe Dichte und Steigerung besonders bei dem in Afrika gedrehten Teil. Die verwendete afrikanische Musik vertieft die Dramatik des Spannungsaufbaus auf der Handlungsebene, die die wohltuend zurückhaltende Kamera bewusst nicht vermitteln will. Eine besondere Tiefe erhält der Film durch die angedeutete gehobene Ausstattung der Wohnung von Nabilas Eltern als völlig angepasst an die Lebenswelt in Deutschland. Sie verweist schmerzlich darauf, dass die kulturelle Identität nicht durch den äußeren Anschein abgelegt wird.