The house in the envelope

FBW-Pressetext

Seit einem Jahr ist Leylas Vater nun schon tot. Er lebte in Deutschland, genau wie Leyla. Sein Haus in der Türkei hat er seinen Eltern vermacht. Doch die weigern sich, die Schenkungspapiere zu unterschreiben. Und so reist Leyla in die Türkei, um mit ihnen zu reden. Die Oma weigert sich jedoch, über das Thema zu sprechen, und der Opa ist gar nicht zuhause. Leyla beschließt, ihn zu suchen, begleitet von einem redseligen Taxifahrer, mit dem sie erst gar nicht reden will. Und der es dann doch schafft, ein Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern. In nur 16 Minuten erzählt die dffb-Regiestudentin Sanela Salketic eine stimmungsvoll runde und berührende Geschichte über Heimat, Familie und das Loslassen von beidem. Gleich mehrere zwischenmenschliche Beziehungen deutet der Film an, ohne zuviel zu verraten. Es sind jedoch genau die Aussagen zwischen den Zeilen und die stillen Blickwechsel der Figuren, die Intimität schaffen und viel mehr sagen als jeder lange ausführliche Wortwechsel. Der Zuschauer kann so selbst die Lücken füllen, auf eine Hintergrundgeschichte kommen und fühlt sich so den Figuren noch näher. Die Handkamera ist ganz nah bei den Protagonisten, fängt die Mimik und die fragilen stimmungsvollen Momente perfekt ein. Salketic erzählt ruhig und undramatisch – und doch gelingt ihr mit THE HOUSE IN THE ENVELOPE ein stark berührender Kurzspielfilm, dem man auch über eine längere Erzählzeit sehr gerne folgen würde.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm; Kurzfilm
Regie:Sanela Salketic
Darsteller:Demet Gül; Özer Arslan; Vedat Erincin; Aysan Sümercan
Drehbuch:Sanela Salketic; Demet Gül
Kamera:Patrick Jasim
Schnitt:Christian Brecht
Länge:16 Minuten
Verleih:DFFB
Produktion: Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin GmbH (DFFB)
Förderer:dffb

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Eine Deutschtürkin kehrt in die Heimat ihrer Eltern und Großeltern zurück, nach dem Tod des Vaters muss sie mit den Großeltern das Erbe regeln. Für Leyla ist es eine Reise zurück zu den Wurzeln ihres Vaters, zurück zu den gleichen Konflikten und dem Unverständnis der Großeltern über die Entscheidung des Vaters, in Berlin geblieben zu sein.
Mit bewundernswerter Sicherheit und mit minimalem zeitlichen und inszenatorischen Aufwand, gelingt es der Regisseurin Sanela Salketic, den Zuschauer in die Geschichte eintauchen und dazu mit wenigen Handlungen und Sätzen richtige Charaktere entstehen zu lassen. Vieles wirkt angerissen, Beziehungen innerhalb der Figuren sind offen, aber nicht beliebig, jeder hat hier klare Rollen, seine eigenen Probleme und Ansichten. Die Kunst liegt auch darin, dass vieles nicht wirklich ausgesprochen wird, sondern darauf vertraut wird, dass der Zuschauer mitdenkt, sich eigene Gedanken macht. Voller Emotionen kommt THE HOUSE IN THE ENVELOPE ohne den Druck auf die Tränendrüse aus, darin liegt eine der ganz großen Leistungen dieses Kurzfilms. Was würde besser zu einem Film über Distanz und Entfremdung passen als ein offenes Ende. Ein Ende jedoch auch, das den Zuschauer zu eigenen Gedanken über die Zukunft der Protagonisten entlässt. Man darf gespannt sein, auf welche Reise der Zuschauer mit weiteren Filmen der Regisseurin geschickt werden wird.