Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
Der Experimentalfilm von Sylvia Schedelbauer, die an der Universität der Künste Berlin bei Katharina Sieverding studierte, gehört zum Genre des ‚Found Footage’-Films. Es ist seit 2004 das fünfte Werk der Künstlerin, das dem Prinzip einer assoziativen Montage folgt, bei der die verwendeten Bildfragmente den Zuschauer auf einen neuen Erfahrungshorizont einstimmen. Ort, Zeit und inhaltliche Bezüge werden bewusst offen gehalten. Kaskaden von disparaten Eindrücken – das Gesicht eines Mannes, Naturskizzen (vor allem Waldbilder), Kriegsszenen, Fischerboote, Frauen im Kimono, Menschen in einer Reihe, mit dem Rücken zur Kamera – fesseln die Aufmerksamkeit. Das Ganze ist kein Bildkontinuum, sondern eine stroboskopisch schwarz-weiß flackernde Licht- und Schattenfolge. Die Anstrengung beim Wahrnehmen dieser Bilder ist gewollt: die extreme Verfremdung ist ein selbstreflexiver Hinweis auf ihre Konstruiertheit. Der darüber gleitende elektronische Sound von Thomas Carnacki gibt dem Flackern zumindest akustische Stabilität. Das erzeugt eine erstaunliche Sogwirkung, obwohl bald die kognitive Schmerzgrenze erreicht ist. Es bleibt aber zu spüren, dass sich die in Gang gesetzte Assoziationskette nie in Beliebigkeit verliert, sondern genau das Maß von Bedrohlichkeit erzeugt, das mit dieser virtuos-sperrigen Gestaltung gewollt schien.