Sonbahar - Herbst

Kinostart: 13.05.10
2008
Filmplakat: Sonbahar - Herbst

FBW-Pressetext

Die Haftstrafe für sein sozialistisches Engagement wird dem schwer erkrankten Yusuf verkürzt, so dass er nach zehn Jahren zu seiner Mutter in die türkischen Berge zurückkehren kann. Es beginnt eine rastlose Zeit zwischen der Abgeschiedenheit der dörflichen Welt und der Komplexität der Großstadt Istanbuls, wo Yusuf die schöne Prostituierte Eka kennenlernt. Sie ist eine weitere verlorene Seele, die in sich selbst gefangen scheint. Özcan Alper, aktueller Vertreter des türkischen Kinos, versteht sich darauf, die Gefühle der gebrochenen Helden von Isolation, Haltlosigkeit und einer vagen Hoffnung in langen Einstellungen mit der Natur und dem Wechsel der Jahreszeiten zu parallelisieren. Stille, Ruhe und tragische Schicksale entwickeln durch diese symbolgeladene Bildsprache eine ganz eigene Dynamik und schaffen eine unnachahmlich dichte Atmosphäre.

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Özcan Alper
Darsteller:Onur Saylak; Megi Koboladze
Drehbuch:Özcan Alper
Kamera:Feza Caldiran
Schnitt:Thomas Balkenhol
Musik:Y.Rydahencko; A.Kolivar; S.Agiryürüyen
Webseite:sonbaharfilm.com;
Länge:105 Minuten
Kinostart:13.05.2010
Verleih:Farbfilm Verleih
Produktion: Filmfabrik, Spiel- und Dokumentarfilmproduktion GmbH, Kuzey Film Production
FSK:6
Förderer:BKM; Filmstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Wegen politischer Umtriebe wurde Student Yusuf im Jahre 1997 zu langjährigem Gefängnis in Istanbul verurteilt, nach zehn Jahren aber wegen einer unheilbaren Krankheit vorzeitig entlassen. Er kehrt in sein Heimatdorf im Nordosten der Türkei in den Bergen am Schwarzen Meer zurück, wo er im Haus seiner ebenfalls kränklichen Mutter unterkommt. In einer Gebirgslandschaft von archaischer Schönheit und Weite, wo nur noch alte Menschen wohnen und sterben, scheint Yusuf trotz Freiheit in einer Isolation ähnlich seiner ehemaligen Gefängniszelle auf den Tod zu warten. Wann immer das Wetter es zulässt, vertauscht er deshalb sein Schlafzimmer in der Hütte mit einer Schlafstätte im Freien. Bei einem Ausflug in die nächste große Stadt am Meer trifft er die junge Eka, die hier für ihre Familie und das Kind zuhause in Georgien als Prostituierte ihr Geld verdient. Eka liebt russische Literatur. Und die beiden verlorenen Seelen scheint eines zu verbinden: Der Traum von einer sozialistischen Gesellschaft und einem Land, den ihnen weder die Türkei noch Georgien erfüllen kann. Sowohl Yusufs wie auch Ekas Schicksal machen weder eine gemeinsame Zukunft noch eine Liebesbeziehung erfüllbar.

Mit behutsamer Langsamkeit inszenierte Özcan Alper sein Erstlingswerk in seiner Heimatregion im Nordosten der Türkei. Mit sparsamen Dialogen und begleitet von einer ebenso sparsam und stimmig eingesetzten Musik offenbart sich eine berührende Geschichte um Sehnsüchte und Ausweglosigkeit, voller Menschlichkeit und Wärme, aber ohne Sentimentalität. Eine hervorragende Kamera zaubert grandiose Landschaftsbilder und Dank dem Einsatz von natürlichem Licht bei den Innenaufnahmen eine besonders stimmige Atmosphäre. Der Blick von Eka vom Hotelfenster auf den wasserumtobten Landungssteg steht im hoffnungslosen Einklang mit Yusufs Blicken aus seiner Berghütte. Und wenn die Kamera mit langsamer Fahrt an Yusuf und seiner Mutter vorbei zum Hüttenfenster hinaus auf einen zum Friedhof ziehenden Trauerzug blickt, ist dies nicht nur parabelhaft der Verweis auf das unvermeidliche Ende der Beiden, sondern auch ein trefflicher Abschluss eines außergewöhnlichen Filmes.