Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
Dieses Fantasy-Epos ist maßgeschneidert für ein junges weibliches Publikum. Die Heldin Gwendolyn ist zuerst die von oben herab behandelte arme Verwandte, deren Cousine Charlotte als die kommende Heldin des Clans gefeiert wird, denn es wird als selbstverständlich angenommen, dass Charlotte das äußerst seltene Talent der Familie geerbt hat. Die vermeintlich Höherstehende ist dann auch so arrogant und unsympathisch, dass sich wohl jeder weibliche Teenager, der in der Hackordnung ihrer Schulkameradinnen nicht ganz oben steht, sofort mit Gwendolyn identifizieren wird. Dass diese die eigentliche Heldin und Begabte ist, wird dann ebenso vorhersehbar wie wirkungsvoll erzählt und inszeniert. Davon abgesehen ist die Exposition allerdings etwas holprig. Zuviel Personal, zu viele Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren, vor allem aber zu viele Eigenschaften und Gesetze dieser fantastischen Erzählwelt müssen da komprimiert dargestellt werden. Natürlich gehen die Filmemacher davon aus, dass die meisten Zuschauerinnen die Bestseller von Kerstin Gier gelesen haben, auf denen dieser Film als erster von dreien basiert. Aber der Film braucht dennoch eine Weile, bis er ins Fließen kommt. Die Grundidee der Geschichte besteht darin, dass Zeitreisen möglich sind und Gwendolyn ein Gen hat, das ihr Zeitreisen ermöglicht. So können sich die Autorinnen (Katharina Schöde schrieb das Drehbuch) und der Regisseur Felix Fuchssteiner in den verschiedensten Zeitaltern austoben. In RUBINROT führt dies zu Zeitsprüngen in die Feudalzeit und das frühe 20. Jahrhundert, bei denen Gwendoyln jeweils in passenden, wunderschönen Kostümen (James Bonds Q entspricht in dieser weiblichen Fantasiewelt einer in Modefragen aller Zeiten kompetente Schneiderin) von einem erfahrenen Zeitreisenden namens Gideon de Villiers begleitet wird. Dieser entpuppt sich als ein arroganter, jedoch sehr attraktiver junger Mann, dessen Zähmung im Laufe der Handlung zu Gwendolyns Aufgaben zählen wird. Aber am Wichtigsten ist es für sie, die Rätsel der Geheimorganisation zu lösen, die sie und Gideon auf die Zeitreisen schickt und deren Herrscher ein düsterer, mit übernatürlichen Kräften ausgestatteter Adeliger in der Vergangenheit ist. Die gesamte Geschichte spielt in London und es ist dem Filmteam gelungen, mit erstaunlich wenigen an Originalschauplätzen gedrehten Aufnahmen, nahezu immer einen authentischen Eindruck zu vermitteln. Unter den vielen deutschen Schauspielern, die die bunten und pittoresken Nebenfiguren verkörpern, fällt neben Veronica Ferres als Gwendolyns Mutter und Katharina Thalbach als ihre wahrsagende Oma besonders Rüdiger Vogler als ein fürsorglicher Arzt auf, der dem jungen Paar gegen die Organisation hilft, obwohl er ihr selber angehört. In „RUBINROT werden viele Erzählstränge begonnen und keiner zu Ende geführt, denn der Film ist eindeutig als der Beginn einer Fortsetzungsreihe konzipiert. Dafür gelingt es, diese Fantasy Welt so interessant und spannend zu gestalten, dass Neugierde auf die nächsten Teile geweckt wird. Und zumindest auf einer Ebene wird den Zuschauerinnen ein befriedigendes Ende gewährt: Es kommt zum ersten Kuss zwischen Gideon und Gwendolyn.