Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Man kann auch Grausames tun und es dabei nur gut meinen. Bernd will für seinen 15jährigen Sohn Philipp ein optimaler Vater sein. Und er merkt bis zum tragischen letzten Moment nicht, dass er mit seinem Verständnis, seiner großzügigen Toleranz und seinem kumpelhaften Verhalten der größte Feind des Jungen ist. Denn Bernd besetzt selber alle Positionen, in denen Philipp sich entwickel, bewähren und selber finden könnte. So nimmt er seinem Sohn den Raum zu leben, indem er sich in jeden Bereich von dessen Existenz hineindrängt. Er ist sogar der bessere jugendliche Rebell, wenn er in einem Einkaufszentrum eine Angestellte, die ihn bittet, nicht zu rauchen, mit pubertärer Renitenz provoziert. Fabian Möhrke hat dieses extreme Vater-Sohn-Verhältnis in einer Reihe von exemplarischen Situationen so konkret und eindrucksvoll in Szene gesetzt, dass man schnell die Mechanismen erkennt, die die Ursache für die Passivität und Freudlosigkeit des Protagonisten sind. Philipp wird zu immer extremeren Gegenreaktionen getrieben, um sich auch nur in Ansätzen gegen seinen übermächtigen Vater zu behaupten. Aber auch wenn er ihn bestiehlt und dann sogar körperlich angreift, stößt er dabei ins Nichts. So wird seine Position in diesem unterschwelligen Machtspiel immer aussichtsloser, bis ihm letzten Endes nur noch die radikalste Gegenreaktion bleibt. In diesem Familiendrama haben alle Situationen mindestens einen doppelten Boden, und Möhrke gelingt es, das Ungesagte und das vielschichtige Verhältnis der Figuren zueinander mit Tiefe und Klarheit darzustellen. So schillern einige der Sätze wie „Ich wünsche mir ein Pony“ oder „Ich kann nicht danke sagen“ voller Mehrdeutigkeiten. Das Ensemble der Darsteller ist ebenso passend besetzt und spielt glaubwürdig und intensiv, wobei Max Hegewald in der Titelrolle ein besonderes Lob verdient, da er immer wie eingezwängt spielen musste und dabei dennoch (besonders im Verhältnis zu seiner Freundin) erstaunlich ausdrucksstark wirkt.