Pflegestufe

Filmplakat: Pflegestufe

FBW-Pressetext

Ruth fährt jeden Tag zu ihrer Mutter, die an Demenz leidet. Zwar kommt auch täglich ein Pflegedienst vorbei, doch ein paar Minuten jeden Tag reichen einfach nicht mehr. Ruth sieht, dass ihre Mutter rund um die Uhr versorgt werden muss. Irgendwann sind auch Ruths persönliche Grenzen erreicht. Ihre ganze Hoffnung setzt sie in eine Gutachterin, die eine Erhöhung der Pflegestufe bewilligen soll. Als diese vor der Tür steht, schaltet Ruths Mutter auf stur. Und gibt vor, völlig gesund zu sein. Julia Peters, bekannt durch ihren ebenfalls ausgezeichneten Kurzfilm WEISS, gelingt es, mit ihrem Film gleichzeitig mehrere Perspektiven authentisch und glaubhaft nachvollziehbar aufzuzeigen. Auf der einen Seite die pflegende Tochter, die zwischen liebender Besorgnis und persönlicher Frustration aufgerieben wird. Judith von Radetzky spielt Ruths Zwiespalt und ihre Wut auf den bürokratischen Gleichmut gekonnt, der Zuschauer leidet mit ihr und fühlt ihre Anspannung in jeder Szene. Auf der anderen Seite aber zeigt Peters auch das Leid der Mutter, die durch die Demenz alles verliert. Die Kontrolle über ihren Körper, ihre Würde, ihren Geist. Dass sie sich genau im falschen Moment dazu entschließt, ihre Krankheit „wegzuspielen“, macht der Film nicht nur verständlich, sondern er schafft daraus berührende Momente, die betroffen machen. PFLEGESTUFE ist ein großartiger Film, der ohne Pathos betroffen macht und der die Schwere der Situation mit erzählerischer Leichtigkeit vermittelt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Julia Peters
Darsteller:Judith von Radetzky; Ilse Bendin; Bärbel Stolz
Drehbuch:Julia Peters; Sieglinde Zimmermann
Kamera:George Steffens
Schnitt:Jan-Timo Sonnemann
Musik:Tonbüro Berlin
Länge:18 Minuten
Produktion: Monoloco Films Julia Peters
Förderer:BKM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ruth kümmert sich täglich nach der Arbeit um ihre an Demenz erkrankte Mutter. Dies stellt sie nicht nur physisch, sondern auch psychisch vor große Herausforderungen. Ruth hat sich deshalb an den medizinischen Dienst gewendet, um eine höhere Pflegestufe bewilligt zu bekommen. Der Besuch einer Mitarbeiterin zur Feststellung des gesundheitlichen Zustandes scheint in einer Katastrophe zu enden. Plötzlich wirkt Ruths Mutter aufgeräumt, charmant und gar nicht mehr geistig verwirrt. Die Tochter versucht mehrfach, zunehmend aggressiv, die Mitarbeiterin des medizinischen Dienstes vom Gegenteil zu überzeugen, als diese den Besuch abrupt beendet. Alles scheint vergeblich gewesen zu sein. Doch dann wartet auf Ruth noch eine Überraschung.
Der Kurzspielfilm schildert eine Situation, die auch bei uns immer mehr zum Alltag wird. Der Regisseurin gelingt es, dank der hervorragenden schauspielerischen Leistungen der Darstellerinnen, den Zuschauer in das Geschehen emotional einzubeziehen. Die verzweifelte Situation der Tochter, die nicht nur durch die Pflege ihrer Mutter körperlich und psychisch, sondern wohl auch finanziell am Ende ist, führt zu ihrem unkontrollierten Gefühlausbruch aus der Furcht heraus, der Auftritt der Mutter mache die dringend notwendige höhere Einstufung der Pflegekosten zunichte. Der Schluss des Films überrascht dann nicht nur die Tochter, sondern auch den Zuschauer.
Der Betrachter kann sich sehr gut in die Rolle von Mutter und insbesondere auch der Tochter hineinfühlen; er spürt die Verzweiflung und Wut einerseits und die Hilflosigkeit andererseits. Die Kamera ist nahe am Geschehen, ohne die Intimität der demenzkranken Mutter zu verletzen. Eine äußerst gelungene Produktion zu einem gesellschaftlich aktuellen Thema.