Meinungsverschiedenheiten

Filmplakat: Meinungsverschiedenheiten

FBW-Pressetext

Mit der Erinnerung ist das so eine Sache. Sie ist immer subjektiv, auch wenn man sie selbst als objektive Wahrheit verkauft. Im besten Falle decken sich zwei subjektive Erinnerungen und ergeben dasselbe Bild. Doch MEINUNGSVERSCHIEDENHEITEN von Jannick Seeber erzählt nicht von einem solch besten Fall. Folgendes ist passiert: Zwei Männer erinnern sich, wie sie in einem Aufzug steckenbleiben. Bei ihnen eine Frau. Auch sie erinnert sich. Doch obwohl die Geschichte gleich beginnt, wird sie sich in ihrem Verlauf nicht in dieselbe Richtung bewegen. Aber wer hat nun recht? Mann Nummer 1? Mann Nummer 2? Die Frau? Oder vielleicht jemand ganz anderes? Kurz, knapp und mit einem präzisen Gespür für Timing erzählt Jannick Seeber alias Jan Riesenbeck von der Krux der Erinnerung. Geschickt montiert er die Aussagen der Beteiligten hinter- und nebeneinander, lässt die Protagonisten ihre Sätze vollenden, ergänzen, negieren und bestätigen. Dabei kann sich auch der Zuschauer nie sicher sein, welche Version denn nun die richtige ist. Das jedoch ist auch gar nicht wichtig. Viel wichtiger ist das kurzweilige Vergnügen, dass dieser 4minütige Kurzfilm beim Zusehen bereitet. Und der mit einer Schlusspointe überrascht, die man so nun wirklich nicht erwartet.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Komödie; Kinderfilm; Kurzfilm
Regie:Jannick Seeber
Darsteller:Herwig Lucas; Alina Rank; Ruben Zumstrull; Tim Tölke
Drehbuch:Jannick Seeber
Kamera:Christoph Neugebauer
Schnitt:Jannick Seeber
Musik:Max Hundelshausen
Länge:4 Minuten
Produktion: Kopfgeburtenkontrolle Filmproduktion Jan Riesenbeck

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In welchem Maße können wir mit unseren zwangsläufig subjektiven Sichtweisen überhaupt die Wirklichkeit erkennen? Diese existentielle Frage stellt Jannick Seeber in seinem Kurzfilm MEINUNGSVRESCHIEDENHEITEN und er hat eine zugleich originelle und frappierend einfache Form gefunden, um sie zu verdeutlichen: Drei Menschen schildern eine Situation, die sie gemeinsam durchlebt haben. Sie blieben in einem Fahrstuhl stecken und was in diesen Minuten passiert ist, schildert jeder von ihnen anders. Die drei Darsteller werden bei ihren Befragungen während einer Verhandlung gefilmt, und zwar in genau gleich kadrierten Einstellungen. Ihre Aussagen werden dann so fragmentiert und montiert, dass sie bei jedem Detail der Geschichte gegenseitig ergänzen oder widersprechen. Zum Teil werden Sätze von einem Protagonisten begonnen und von einem anderen beendet. Das ist mit einem präzisen Timing inszeniert und die Darsteller spielen in diesem im wahrsten Sinne des Wortes engen Rahmen natürlich und wirken dadurch authentisch. Der Effekt ist amüsant, optisch reizvoll und durch ihn entsteht ein beachtlicher erzählerischer Sog. Der Film endet mit einer schön gesetzten, sehr witzigen Pointe. So ist er zugleich unterhaltsam und hat eine philosophische Tiefe, die angenehm unprätentiös vermittelt wird.