Maria von den Sternen

1988

Kurzbeschreibung

Sechs Männer -unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft - bemühen sich um die Gunst von Maria.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm
Regie:Thomas Mauch
Darsteller:Robert Duessler; Katja Junge; Heiko Deutschmann
Länge:90 Minuten
Produktion:

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Die Sensibilität der Kamera prägt diesen Film. Immer wieder neue Perspektiven erarbeitet sie sich in einer eng umgrenzten Örtlichkeit; sie erforscht die Gesichter und die Details. Die Stichworte von Beobachten und Wahrnehmen, dann aber auch von Entschlüsseln und Interpretieren charakterisierten insofern nicht nur den Stil des Films. Denn auch die wesentlichen Gestalten (nicht nur die drei jungen Protagonisten, also der Biologe, der Mediziner und der Soziologe, sondern ebenso die kommentierenden Gestalten des alten Mannes und des älteren Akademikers) versuchen, auf diese Weise das Rätsel ihrer Sonne, ihres Engels, ihrer Bettgenossin zu ergründen. Dabei schlägt die Ausschnitthaftigkeit ihrer Wahrnehmung und die Subjektivität ihrer Interpretationen ihnen allerdings ein Schnippchen. Denn nur soweit Maria sich ihnen eröffnet, können sie ihr gerecht werden.

Dieser nachvollziehbaren Perspektive des Films stehen Gestaltungsformen gegenüber, die damit nur begrenzt in Verbindung gebracht werden können bzw. die Qualität des Films beeinträchtigen. So sind die Dialoge oft hölzern (etwa bei der ersten Begegnung des Biologen mit dem Soziologen, aber auch bei dem "Gespräch" am Mittagstisch) und dann wieder gestelzt (etwa bei dem Ablesen der Dialog-, aber auch der Monologsätze von den Lippen Marias), sind selbst alltägliche Situationen zum Teil überpointiert (beispielsweise das Zusammenbrechen und die anschließende Reparatur des Bettes), dann wieder um Einzelheiten völlig unbesorgt (so z.B. bei den Kaffee-Szenen). Derartige Dinge lassen sich nicht mehr ohne weiteres als eine adäquate - sei es bewusste, sei es unbewusste - Gestaltung eines unrealistischen Autorenfilms verstehen.

Schwer einzuordnen bleibt auch die Angst vor AIDS, die dem männlichen Protagonisten und wohl auch Maria ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem Thema des Films zugeschrieben wird. Hier allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Film - im Jahre 1993 spielend - diese Immunschwäche als die unmittelbare zwischenmenschliche Bedrohung, den Smog, der immer wieder in die Handlung hineinspielt, als die industrielle Bedrohung des Menschen versteht.

Andererseits sind im Sinne eines beabsichtigten Verzichts auf Realistik jene betont interpretierenden Gestaltungselemente positiv zu bewerten, die in dem Schrei der Männer bzw. von Maria samt den auffliegenden Vögeln, in der kreisenden Sternwarte, in dem Blüten-Schnee, in dem Regen und auch in dem Kreischen der Kinder durch auffällige Symbolhaftigkeit den Betrachter auf die ihm abverlangte Interpretation und Wahrnehmungsfähigkeit ansprechen.

Der Film wird von einer Aufmerksamkeit heischenden Musik nicht immer in seinem Wechselspiel zwischen Voyeurismus und Entdeckung unterstützt und entzieht sich weitgehend der miterlebenden und - fühlenden Identifikation. Dieser Verzicht auf einem verständnisfördernden Nachvollzug gehört jedoch zweifellos zu seiner berechtigten und positiv zu wertenden gestalterischen, wenn auch vielleicht so nicht beabsichtigten Eigenart. Er wird insofern zu einem Lehrstück, dessen verschiedene Elemente sich nicht zusammenschließen, aber in ihrer heterogenen Eigenart auch nicht ohne Reiz sind.

Allerdings führt gerade diese Spannung zwischen detaillierter Beobachtung und wirklichkeitsfremder Konstruiertheit nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses zu einem Bruch der die Erteilung des Prädikats „besonders wertvoll“ nicht gestattet.