Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
„Man muss weggehen können und doch sein wie ein Baum“ – zu Auszügen aus Gedichten Hilde Domins illustriert Urte Zintler in einer Ästhetik aus einfachen schwarzen Strichen Vergänglichkeit, Wandlung, Verlust. Klare Formen werden instabil, fallen in sich zusammen, werden ausradiert und verwandeln sich in Neues. An analoges Morphing erinnernd, wechseln flirrende Teile ihre Form – weggehen und doch verwurzelt sein, vergehen und doch bleiben: Der Kurzfilm LEERSTELLE nähert sich auf poetische und sehr offene Weise dem Komplex ständiger Veränderung. Wie hingehaucht wirkt der Film mit seiner brüchigen Erzählstimme, der sanften Soundebene und den dominanten Weißflächen, die eine stimmige Einheit bilden und Variationen bieten zum Thema Abschied. Sei es der Tod, wie einzelne Bildfolgen und sakrale Symbole suggerieren, oder das schlichte Verlassen eines bestimmten Orts: Es ist genau diese Leerstelle auf der narrativen Ebene, die jeder Betrachter mit eigenem Inhalt zu füllen vermag. Es gehört zu einer der eindringlichsten Stärken des Films, diese Offenheit zu bieten, ohne in seiner Bedeutung beliebig zu werden. Mögen einer fragilen Arbeit wie Urte Zintlers LEERSTELLE Orte und Formen der Präsentation zur Verfügung gestellt werden, die genügend Raum lassen für derlei individuelle Rezeptionsreflexionen.