Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
Oft werden Lebensschicksale in Büros entschieden. In Philipp Dörings Film entwickelt sich solch ein Drama beim Jugendamt, wo Pflegeeltern zum ersten und wahrscheinlich auch einzigen Mal auf die leiblichen Eltern jenes Kindes treffen, das sie zu adoptieren hoffen. Von den Unterschriften der beiden jungen Menschen hängt es ab, ob das augenscheinlich in gesicherten Verhältnissen lebende Ehepaar das Kind als das ihre großziehen darf. Zwischen den vier Protagonisten entwickelt sich ein Geflecht von Gefühlen, Ängsten und Aggressionen, das Döring dramaturgisch geschickt weiterspinnt. So zögert der junge Erzeuger bei der Unterschrift mit der kaltschnäuzigen titelgebenden Bemerkung, das Vatergefühl „kann ja noch kommen“. Bei einem folgenden Zwiegespräch mit dem Pflegevater werden bei beiden tiefere Motive für ihr Verhalten deutlich. Dies ist der Moment des Films, in dem zwei Figuren am meisten von sich offenbaren und Döring inszeniert dies mit einer souveränen Ruhe. Die Darsteller spielen durchweg intensiv und glaubwürdig, wobei Rebecca Klingenberg in der vermeintlich undankbarsten Rolle der eher passiven Pflegemutter besonders auffällt, weil sie die ständige nervöse Angst darum, dass man ihr das Kind doch noch wegnimmt, vor allem mit ihrer ausdruckstarken Körpersprache deutlich machen kann. Ein Teil der Jury störte sich an der nach Schlusspointe, durch die das Verhalten des jungen Erzeugers noch einmal ganz neu bewertet werden muss. Doch von dieser Einschränkung abgesehen ist dies ein konzentriert und subtil erzähltes Kammer- oder besser Bürospiel.