Jesus von Montreal

Filmplakat: Jesus von Montreal

Kurzbeschreibung

Eine Gruppe junger Schauspieler führt in Montreal ein modernisiertes Mysterienspiel (Leidensweg Jesu) auf, das von den Medien und der Schickeria gefeiert und von der Amtskirche schließlich verboten wird.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm
Regie:Denys Arcand
Darsteller:Lothaire Bluteau; Remy Girard; Robert Lepage; Johanne-Marie Tremblay; Catherine Wilkening
Drehbuch:Denys Arcand
Kamera:Guy Dufax
Schnitt:Isabelle Dedieu
Musik:Yves Lafaiere
Weblinks:;
Länge:120 Minuten
Verleih:Concorde
Produktion: Wolfgang Pfeiffer Filmproduktion, Gérard Mital Productions

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Film von Denys Arcand modernisiert und differenziert die Thematik vom Wirken und Sterben des Mannes aus Nazareth, indem er in den Mittelpunkt ein Passionsspiel im heutigen Montréal stellt, das von modernen Schauspielern weniger aus Überzeugung als aus professionellen Gründen realisiert wird. Ihre Beziehungen und Lebenseinstellungen bleiben von dem Thema ihrer Darstellung allerdings nicht unberührt; sie erleben gelegentlich am eigenen Leib Situationen, die den darzustellenden entsprechen (die Vertreibung der Werbetreibenden mit der Geißel, die Versuchung zu Publicity, Macht und Sättigung der Armen auf den Zinnen der Stadt); sie identifizieren sich und werden identifiziert mit den Gestalten und Geschehnissen jener Geschichte(wenn etwa a Schluss, schon fast am Delirium, der Jesus-Darsteller predigt oder wenn die Medien-Gewaltigen ihre unterschiedlichen Interpretationen geben „wer dieser sei“).

Fakten und Ereignisse der in den Evangelien berichteten Geschehnisse und ihre späteren Darstellungen und Verballhornungen werden kommentiert in das filmische Geschehen einbezogen, daneben unterschiedlichste Jesus-Darstellungen verschiedener Zeiten und christlicher Denomination vergegenwärtigt; nicht nur Dostojewskis Großinquisitor und Pergolesis „Stabat Mater“, sondern auch Hamlets Monolog finden ihren Platz, erst recht Persiflagen auf die Art und Weise, wie verschiedene Schauspieltraditionen die Evangelien-Gestalten und Situationen vergegenwärtigen könnten.

In einigen Punkten gab es unterschiedliche Beurteilungen und Bewertungen des Films. Dass viele moderne Entwicklungen nicht als Folge des Christentums, sondern als eine Verfälschung interpretiert werden, beruht auf der eigentümlichen Sichtweise, die der Film von den christlichen Glaubensinhalten hat. Und getreu seinen Vorstellungen, dass die Spieler des Heiligen auch ein heiligmäßiges Leben führen sollten, kann sich der Film nicht dazu durchringen, die Schauspieler über ihre Rollen und die damit verbundenen Erlebnisse nachdenken zu lassen. Schließlich führte er – in seltsamer Verwechslung von „imitatio Christi“ und Gleichsetzung des Vorbilds mit dem Abbild – das Opfer der Hauptgestalt bis zu jenem Punkt, dass seine Organe, die für andere Menschen gespendet werden, in ihnen weiterleben. Hier schien einem Teil des Ausschusses der Film Vorstellungen zu vertreten, die nicht mit den Intentionen der Inszenierung vereinbar seien.

Insgesamt ist der Film auf hohem professionellen Niveau realisiert. Die Leistungen der Regie, die sich in der Darstellerwahl und –führung zeigt, in der Dialog- und Handlungsgestaltung manifestiert und von Kamera, Montage und Ausstattung nachhaltig intensiviert wird, rechtfertigt auch im gestalterischen Bereich für die Mehrheit des Ausschusses das höchste Prädikat.