Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Wie schmal die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn sein kann, zeigt dieser dramaturgisch erstaunlich dichte und konsequent erzählte erste Langfilm von Christian Bach. Ein Architekt, der schon vor längerer Zeit durch eine Psychose seine eigene Firma verloren hat, setzt sich dem enormen Druck einer Bewerbung für ein großes Museumsprojekt aus. Der geniale Baumeister erleidet erneut einen Schub seiner Krankheit, verursacht durch den physischen und psychischen Stress. Doch nicht nur er leidet an den Wahnvorstellungen, dass er überwacht, von Strahlungen bedroht und seine Kreativität gemindert wird, sondern vor allem seine Frau, sein 23jähriger Sohn und die kleine Tochter werden in diesen Strudel hinein gezogen. Der Sohn, der noch immer zuhause lebt, um dort für seine kleine Schwester zu sorgen und der Mutter in den Notsituationen mit dem Vater beizustehen, wagt nicht aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Wie geht eine Familie mit einer solchen Krankheit um, wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen den Eheleuten, wie zwischen Vater und Sohn, und wie wird die erst neunjährige Tochter mit diesem familiären Ausnahmezustand fertig? Aus diesen Fragen bezieht der Film seine Spannung, die bis zum Schluss andauert. Dabei wird in immer neuen Konstellationen das Thema behandelt. Da zerstört der Vater die Satellitenschüssel des Nachbarn, um sich der angeblichen Überwachung zu entziehen, da verkleidet er die Wände mit Goldfolie, um die kosmische Strahlung abzuwehren, und da schlägt er mit einer Axt auf den Wagen der Fernsehelektriker ein, weigert sich aber, die Pillen zu schlucken, die ihm sein Arzt verschreibt, da diese seine Kreativität dämpfen. Bei all diesen dramatischen Darstellungen verliert sich HIRNGESPINSTER nicht in Klischees oder sentimentalen Szenen, verurteilt nicht, sondern erzählt eine intensive, oft tragische Geschichte, in die aber auch Momente der Hoffnung, überzeugende Gefühle und sogar humorvolle Augenblicke eingestreut sind. Herausragend sind alle Darsteller in diesem Film, sowohl der schon mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichneten Tobias Moretti als durch seine Psychose an den Rand des Abgrunds gedrängten Vater, als auch Jonas Nay als der Sohn, der seinen Vater verzweifelt liebt, ihm aber nicht helfen kann und am Ende der eskalierenden Ereignisse selbst zum Opfer wird. Ein bemerkenswertes Kinodebüt, dem das höchste Prädikat verdientermaßen einstimmig zugesprochen wurde.