Hail, Caesar!
FBW-Pressetext
Das Hollywood der 50er Jahre ist eine Fabrik, die Träume produziert. Und wie in jeder anderen Fabrik gibt es auch in Hollywood hier und da kleine und große Problemchen. Das weiß auch Eddie Mannix. Er ist bei einem der großen Studios als universeller „Problemlöser“ angestellt und ist so den ganzen Tag damit beschäftigt, zickige Diven zu besänftigen, neugierige Klatschreporterinnen abzuwehren und anspruchsvolle Regisseure in ihre Schranken zu weisen. Eigentlich hat Eddie die Sache ganz gut im Griff. Doch dann wird auf einmal der große Star Baird Whitlock vom Set eines Monumentalfilms entführt. Die Entführer nennen sich die „Zukunft“ und fordern 2 Millionen Dollar. Nun ist guter Rat teuer, denn keiner darf erfahren, was wirklich vor sich geht. Ein Ablenkungsmanöver muss her. Doch Eddie muss feststellen: In der Traumfabrik eine glaubhafte Illusion herzustellen, ist leichter gesagt als getan. In Form einer Hommage zelebriert der neue Film der Coen-Brüder das klassische Genrekino der 1940er und 1950er Jahre. Keine Standardsituation und kein Starklischee, das hier nicht parodiert und persifliert wird. Da gibt es den Westernhelden, der in seiner darstellerischen Leistung etwas begrenzt daher kommt, aber dennoch vom Studio zu einem Imagewechsel hin zum Charakterdarsteller gezwungen wird. Da gibt es das „American Sweetheart“, das alle auf der Leinwand verzaubert – und das hinter den Kulissen flucht wie ein Kesselflicker und Ehen sammelt wie andere Socken. Und da gibt es den großen Star, der die Leinwand gottgleich beherrscht, der aber ansonsten über wenig Tiefe und charakterlichen Ausdruck verfügt. Es ist dem stargespickten Ensemble (unter anderem George Clooney, Josh Brolin, Tilda Swinton, Scarlett Johansson und Ralph Fiennes) in jeder Minute anzusehen, welch großen Spaß allen das Spiel mit den Konventionen und den ironischen Brechungen derselben bereitet. Angesprochene Themen wie die Kommunistenverfolgung der McCarthy-Ära oder auch der Konflikt zwischen Film und Religion als Zensor verleihen der Farce eine weitere tiefergehende Dimension. All diese Aspekte vereinen die Coens auf wunderbar verspielte Weise, ohne jemals zu verleugnen, dass es der Zuschauer hier mit einem Kino der Attraktionen zu tun hat, das in erster Linie unterhalten soll. Es ist außerdem das Kino der Genres, dem die Coens auf respektvolle und dennoch augenzwinkernde Weise huldigen, mit dem für sie so typischen und herrlichen trockenen Humor, der sich vor allem in den köstlichen Dialogen spiegelt. Auf kunstvolle Weise vereinen sie die einzelnen filmischen Stilmittel wie Musik, Bühnenbild, Score und Montage, um ein großartiges Panoptikum des vergangenen Hollywoods zu zeichnen. Und um zu zeigen, warum das Kino seit jeher der perfekte Ort für Leinwandträume war. Und für immer bleiben wird. HAIL CAESAR! von Joel und Ethan Coen ist ein bunter Kostümfilm, ein großes Monumentalepos, ein komplexer Film Noir. Und als Film eine wundervolle und geistreiche Verbeugung vor dem Kino an sich.Filminfos
Gattung: | Komödie; Spielfilm |
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Regie: | Joel Coen; Ethan Coen |
Darsteller: | George Clooney; Scarlett Johansson; Channing Tatum; Jonah Hill; Ralph Fiennes; Tilda Swinton; Josh Brolin; Alden Ehrenreich; David Krumholtz; Dolph Lundgren; Christopher Lambert |
Drehbuch: | Joel Coen; Ethan Coen |
Kamera: | Roger Deakins |
Schnitt: | Ethan Coen; Joel Coen |
Musik: | Carter Burwell |
Länge: | 106 Minuten |
Kinostart: | 18.02.2016 |
Verleih: | Universal |
Produktion: | Mike Zoss Productions, Working Title Films; |
FSK: | 0 |
Jury-Begründung
Mit HAIL, CAESAR! liegt der neue Film des Regieduos Joel und Ethan Coen vor, der sich deutlich neben deren frühere Werke über das Studiosystem Hollywoods einreiht. Vor allem sind Ähnlichkeiten zum Noir-Thriller BARTON FINK (1989) auffällig, denn hier wie dort geht es um die Nöte der Angestellten und Leitenden der klassischen Hollywood-Produktionen. HAIL, CAESAR! versammelt eine eindrucksvolle Schauspielerriege: Josh Brolin spielt den überlasteten Studioboss Mannix von Capitol Pictures, George Clooney den männlichen Superstar Whitlock, Ralph Fiennes einen virtuosen Genrehandwerker, Scarlett Johansson eine etwas zickige Diva, Tilda Swinton erscheint als Kritiker-Zwillingsschwestern und Channing Tatum als kommunistischer Tanzstar. Mit ihnen entfaltet der Film ein vielschichtiges Kaleidoskop der kalifornischen Filmproduktion der 1950er Jahre, als das Studiosystem florierte und klassische Genres wie Historienepos, Musical und Western hervorbrachte.Diesen historischen Hintergrund nehmen die Regisseure zum Anlass, in originellen und liebevoll inszenierten Episoden ein vielschichtiges Bild von einer vergangenen Ära des Kinos zu zeichnen. Dabei liefern sie die metafilmische Reflexion der Ära Hollywoods, die auf Starpolitik mit festen Studioverträgen baute. Zu kurzzeitigen Turbulenzen kommt es, als der Hauptdarsteller eines christlichen Monumentalfilms (Clooney) betrunken vom Set weg entführt wird und einer Reihe kommunistischer Drehbuchautoren in die Hände fällt, die die Filme subtil mit ihren Botschaften unterwandern - eine Angstphantasie der McCarthy-Ära.
Das Changieren zwischen Film im Film und Szenen von den Dreharbeiten schafft ein cleveres Spiel mit den Realitätsebenen, das einem unterschiedlichen Publikum Vergnügen bereiten wird. Mit eleganter Beiläufigkeit werden dabei die Einflüsse religiöser Gruppierungen im klassischen Hollywood thematisiert und der Dialog zwischen christlichen und jüdischen Positionen integriert. Dieser Konflikt mündet schließlich in einem versöhnlichen Konsens im Film.
Während ein filmhistorisch interessiertes Publikum ein besonderes Vergnügen an der Neuinterpretation klassischer Genrestandards finden wird (Tanzchoreographien, Westernstunts), liegt ein besonderer Wert des Films in der Vermittlung filmhistorischer Aspekte auch an ein weniger informiertes Publikum. Insbesondere das Image-Building der Studios wird an der Figur eines jungen und etwas tumben Westernstars lebhaft vorgeführt. Dazu kommen politische Aspekte: so vermeidet der Studiochef Mannix (Brolin) einen Deal mit dem Waffenhersteller Lockheed, die Wasserstoffbombe wird ebenso thematisiert wie die Kommunistenangst. Dabei nehmen die Filmemacher die marxistische Kritik an Hollywood als Schlüsselmotiv auf. Die lautmalerische Parallele von Capitol Pictures und Karl Marx' "Kapital" erscheint hier ebenso bedeutend wie das Auftreten von Herbert Marcuse persönlich, der Whitlock, den alkoholkranken Lebemann, kurzfristig zum Kommunisten macht. Dabei steht Clooney schauspielerisch einmal mehr souverän in der Tradition von klassischen Stars wie Clark Gable oder Cary Grant. Frances McDormand bleibt in Erinnerung als kettenrauchende und hyperprofessionelle Cutterin, die sich im Schneideraum fast selbst stranguliert, als ihr Schal in die Filmspule gerät - eine eindringlichere Erinnerung an die Physikalität des Zelluloid-Filmprozesses ist kaum denkbar.
HAIL, CAESAR! ist eine intensive und monumentale Liebeserklärung an das klassische Hollywoodkino mit all seinen Tücken, von dem bewährten Coen-Team originell und detailreich inszeniert. Roger Deakins liefert makellos choreographierte Bildkompositionen, die Schauspieler glänzen in mitunter satirisch überhöhten Rollen, die indes nie das Interesse an den Charakteren verlieren. Die Coens haben mit diesem Film erneut bewiesen, dass sie zu den außergewöhnlichsten amerikanischen Filmkünstlern ihrer Generation gehören.