Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Aus der Vogel- oder besser gesagt Gottesperspektive schaut man in den 12 Episoden dieser animierten Serie auf ein winziges Dorf, in dessen Mitte eine Kirche steht, die zum Beginn jeder Folge mit Orgelspiel und Glockengeläut zum Gottesdienst einlädt - aber keiner kommt. Der Pfarrer läuft dann auf den Marktplatz und tut seinen Unwillen mit drastischen Klängen kund. Gesprochen wird in der gesamten Serie kein Wort und die Protagonisten sind wegen der großen Distanz nur als Striche (also nicht einmal als Strichmännchen) zu erkennen. Der Autor, Animator und Regisseur Stefan Vogt will zeigen, wieviel man mit solch beschränkten Mitteln erzählen kann. Und erzählerisch greift er dafür in die Vollen, denn er lässt gleich neben dem Dorf einen riesigen Meteor einschlagen, oder die Kirche in einem Erdloch verschwinden, aus dem dann eine riesige Spinne klettert. Ein anderes Mal verschwindet die Kirche und an ihrer Stelle wird ein Konsumtempel (in diesem Fall ein Autohaus) errichtet und in der letzten Episoden droht ein riesiges Flugzeug auf die Kirche zu stürzen, bleibt aber dann am Himmel hängen – vielleicht weil Gott schließlich doch noch kommt? Vogt erzählt mit einer ausgeprägten eigenen Handschrift. Er kümmert sich kaum darum, ob seine Geschichten einer schlüssigen Dramaturgie folgen oder verständlich sind. Stattdessen zeichnet er das Bild füllende Ereignisse, durch die die Kirche, das Dorf und die Bewohner extremen Veränderungen ausgesetzt werden. So versinkt die ganze Landschaft, sprich das gesamte Bild, in einem Urwald und ein Stausee in der Nähe des Dorfes (hier gibt es mit einem Schwenk den einzigen Bildwechsel) wird nur dadurch am Bersten gehindert, dass der Strichkörper des Pfarrers wie der Daumen des holländischen Jungen am Deich das Loch stopft. Die Jury war beindruckt davon, wie fantasievoll Vogt mit seinen Mitteln spielt, wie geschickt er etwa mit dem Sounddesign arbeitet und wie komisch er seine Katastrophen inszeniert.