Garçons Manqués

Filmplakat: Garçons Manqués

FBW-Pressetext

Die 15jährige Imane spielt am liebsten Fußball, so kann sie die Enge der elterlichen Wohnung in der Hochhaussiedlung „Les Bosquets“ vergessen und sich immer wieder abreagieren. Vorurteile bezüglich ihrer Rolle als Frau, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt sowie eine angespannte politische Lage gehören zum Alltag im Pariser Vorort Montfermeil, in dem die Unruhen 2005 ihren Anfang nahmen. Der klare und konsequente Blick dieser Dokumentation auf eine überraschend zielstrebige und reflektierte Jugendliche zählt zu den im besten Sinne des Wortes erhellenden Glanzlichtern des deutschen Kurzfilms. Bitte mehr davon!
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Susan Gordanshekan
Drehbuch:Susan Gordanshekan
Kamera:Anne Bürger
Schnitt:Susan Gordanshekan
Musik:Sebastian Fischer
Länge:33 Minuten
Produktion: Susan Gordanshekan, HFF München;
FSK:6
Förderer:Heinrich-Böll-Stiftung

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein wunderbarer Film über ein junges französisches Mädchen arabischer Abstammung.

Wir sehen in der 15jährigen Imane eine engagierte junge Sportlerin, die Fußball so zu ihrem Lebensinhalt gemacht hat, dass sie sich wie ein Junge kleidet und frisiert. Sie fühlt sich mehr als Französin und weniger als das Kind von arabischen Einwanderern und würde gern eine Ausbildung zur Polizistin machen, um respektiert zu werden und um zu zeigen, dass nicht alle Immigranten Taugenichtse sind.

Im trostlosen Plattenbauvorort Montfermeil trainieren die Mädchen begeistert Fußball und arbeiten darauf hin an einem nationalen Wettbewerb teilzunehmen. Sie brauchen dazu einen Ausweis von der Präfektur, den man nur mit einem bestandenen Auswahlverfahren für Ausländer erhält. Imane muss sich diesem Verfahren unterziehen, obwohl sie Französin ist und in Frankreich aufgewachsen ist. Zwischen diese Schilderungen werden Fernsehbilder von gewalttätigen Demonstrationen montiert und Aufnahmen von erstaunlich offenen politischen Gesprächen zwischen Tochter und Eltern gezeigt. Eine arabische Familie fernab allgemeiner Klischees. Letztlich steuert der Film beständig auf die entscheidende Frage hin: Bin ich eine respektierte Französin mit allen Rechten oder eine Bürgerin zweiter Klasse, die auf die Straße gehen muss, um sich die eigentlich längst verbrieften Rechte zu sichern?

Dazwischen immer wieder der Aschesandplatz mit den zwei Fußballtoren zwischen den Mietskasernen, der das bisschen Freiheit symbolisiert, die den Mädchen und den anderen Jugendlichen bleibt. Wenn sie könnte, würde sie sofort mit der Ausbildung zur Polizistin beginnen, aber dazu braucht sie einen Schulabschluss vom Gymnasium (Lycee) und dafür ist sie noch ein, zwei Jahre zu jung. Dafür aber ist diese politisch liberale junge Frau hoch motiviert und will den Vater und die Mutter überzeugen zu einer Demonstration zu gehen.

Gerade für eine Hochschularbeit ist der Regisseurin mit Garçons Manqués eine bemerkenswerte Umsetzung und Vermittlung komplexer Themen gelungen. Ein handwerklich herausragend gemachter Dokumentarfilm über engagierte Jugendliche abseits von Alkohol und Drogenproblemen, ausgestattet mit einem differenzierten Politikbewusstsein, das angesichts des jungen Alters überrascht. Gefilmt mit einer bestechenden Kamera und dezentem, ansprechendem Musikeinsatz hat Susan Gordanshekan eine überaus überzeugende Form der Dokumentation gefunden, die einen souveränen und äußerst reflektierten Umgang mit der Vielschichtigkeit des Themas ermöglicht. Ein weiteres großes Pfund, mit dem der Film wuchern kann, sind die aufgeschlossenen und interessanten Persönlichkeiten, deren Weltansichten zur offen gelegt werden.

Jedem Politikunterricht als Anschauungs- und Diskussionsmaterial unbedingt zu empfehlen.