Familienfilm

Filmplakat: Familienfilm

FBW-Pressetext

Für eine wohlhabende tschechische Familie gerät der Weihnachtsurlaub zur Zerreißprobe. Während die Eltern bereits vor der Küste Thailands in ihrer Privatjacht segeln, genießen die Kinder ihre neugewonnene Freiheit im Luxusapartment zuhause in Prag. Der 15-jährige Erik bandelt mit der besten Freundin seiner älteren Schwester Anna an. Dabei wird ihm jedoch bald bewusst, dass er für sie nicht mehr ist als bloßer Zeitvertreib. Probleme gibt es zudem in der Schule. Nachdem die Eltern auf einmal nicht mehr auf die Anrufe der Kinder reagieren, rechnen alle mit dem Schlimmsten. Als Erik auch noch mit Nierenversagen in der Notaufnahme landet, droht die Situation vollends im Chaos zu versinken. Regisseur und Drehbuchautor Olmo Omerzu gelingt ein eindringliches Familienporträt, das sich auf den Spuren großer europäischer Autorenfilmer bewegt. Fernab von gängigen Osteuropa-Klischees präsentiert er eine Familie der Prager Oberschicht, deren innere Konflikte eine visuelle Entsprechung in den kühlen Bildern von Kameramann Lukás Milota finden. Poetische Momente findet Omerzu in der Gegenüberstellung menschlicher Passivität mit dem Auflehnen des fünften Familienmitglieds, Border Collie Otto, gegen die Naturgewalten. Neben der exquisiten Kameraarbeit und der durchdachten Entwicklung der Geschichte besticht FAMILIENFILM aber auch durch das naturalistische Spiel vor allem seiner jungen Akteure, das auch ohne lange Dialoge überzeugen kann. FAMLIENFILM ist ein besonders wertvoller Film für Cineasten jeden Alters.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Olmo Omerzu
Darsteller:Karel Roden; Vanda Hybnerová; Daniel Kadlec; Jenovéfa Boková; Eliska Krenková; Martin Pechlát; Miroslav Sabadin; Vojtech Záveský; Jaroslav Plesl; Jana Krausová
Drehbuch:Olmo Omerzu; Nebojša Pop-Tasić
Kamera:Lukas Milota
Schnitt:Jana Vlcková
Länge:91 Minuten
Kinostart:02.02.2017
Verleih:déjà-vu film
Produktion: Endorfilm, 42film;
FSK:12
Förderer:MDM; Eurimages

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Vater, Mutter, Tochter und Sohn fahren zum Flughafen, verabschieden sich: die Eltern wollen mit Hund Otto über den Ozean segeln, die Kinder sollen Weihnachten nachkommen. Zu den Geschwistern, der 19jährigen Anna und dem 15jährigen Eric, ziehen Annas Freundin Christina und Erics bester Freund. Das Leben ohne elterliche Aufsicht ist anfangs ungezwungen und leicht, sie machen Party, Eric und Christina haben Sex. Als herauskommt, dass Eric dauerhaft die Schule schwänzt, bringt Onkel Martin zunächst wieder Struktur in das Leben der Jugendlichen. Doch dann melden sich die Eltern nicht mehr und die polizeiliche Suche nach ihnen bleibt erfolglos. Der verzweifelte Eric wird volltrunken im Schnee gefunden und in ein künstliches Koma versetzt. Er braucht dringend eine Spenderniere. Auf dem Höhepunkt des Dramas kommen die aus Seenot geretteten Eltern zurück. Die Familiensituation spitzt sich zu während zeitgleich der Hund Otto, der es auf eine einsame Insel geschafft hat, um sein Überleben kämpft.
Der slowenische Regisseur Olmo Omerzu zeigt mit FAMILIENFILM großes europäisches Autorenkino, in dem jeder Schnitt und jeder Übergang stimmt. Die Geschichte, die in Prag angesiedelt ist, könnte in fast jeder europäischen Stadt spielen. Olmo Omerzu vertraut seiner Geschichte, er lässt geschlossene Erzählblöcke stehen, ohne diese bis ins letzte Detail auszuerzählen. Die jugendlichen Schauspieler sind hervorragend gecastet und geführt. Auf höchstem Niveau sind auch die Tonebene und die handverlesene Musik, die nie dazu benutzt wird, zusätzliche Dramatik aufzubauen. Die Ausstattung ist durchweg stimmig. Es gibt immer wieder tolle Bildideen wie etwa die einer Mutprobe, wenn die Jugendlichen nackt in einen Fahrstuhl steigen. Großartige Bilder und emotionale Momente gelingen dem Film, wenn der Hund auf der einsamen Insel um sein Überleben kämpft und immer wieder in das Meer springt, um zu seiner Familie zurückzukehren: Eine starke Rolle des Hundes und eine bemerkenswerte Leistung des Tiertrainers. Die Jury hat FAMILIENFILM mit großem Genuss gesehen und vergibt einstimmig das Prädikat „besonders wertvoll“.