Ein russischer Sommer

Kinostart: 28.01.10
2009
Filmplakat: Ein russischer Sommer

FBW-Pressetext

Das historische Biopic über Tolstoi - Russlands berühmten Schriftsteller und Vorreiter seiner Zeit - widmet sich in liebevollen Details den letzten Stationen seines Lebens. Die Krisenstimmung einer fast fünfzig jährigen dramatischen Ehe mit seiner Frau Sofia findet ihren Höhepunkt als der strenge Tolstojaner Chertkov die wertvollen Rechte an Tolstois Werken dem russischen Volk zu vermachen versucht. Zwischen diese Fronten gerät Tolstois junger Sekretär Valentin, der vor allem dessen Ansichten über die bedingungslose Liebe teilt. Die europäische Ko-Produktion ist großartig mit den Schauspielern Helen Mirren als willensstarke Sofia und Christopher Plummer als gealtertem Tolstoi besetzt. Auf hohem Niveau und in stimmungsvoll-klassischen Bildern geht es um nicht weniger als eine einzigartige Liebe!

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Michael Hoffman
Darsteller:Helen Mirren; James McAvoy; Christopher Plummer
Drehbuch:Michael Hoffman
Buchvorlage:Jay Parini
Kamera:Sebastian Edschmid
Schnitt:Patricia Rommel
Weblinks:;
Länge:113 Minuten
Kinostart:28.01.2010
Verleih:Warner
Produktion: Egoli Tossell Film GmbH, SamFilm; Production Center of Andrei Konchalovsky;
FSK:6
Förderer:FFA; MBB; DFFF; MDM

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Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll erteilt.

Der englische Regisseur Michael Hoffman hat sich eines spannenden Themas angenommen, das er mit großartigen Darstellern in Szene gesetzt hat: Die Ehe von Lew Tolstoi und seiner Frau Sofa, die vor allem in ihren letzten Jahren und Monaten voller Dramatik war und schon viel Stoff für Romane und biografische Publikationen geliefert hat, vor allem seit man die Tagebuchaufzeichnungen von Tolstois Ehefrau entdeckt hat.

In diesem letzten Sommer ihrer stürmischen Beziehung, die immerhin 48 Jahre dauerte, eskaliert das Verhältnis zwischen dem Schriftsteller und seiner eifersüchtigen, von Verlustängsten gepeinigten Frau, die zudem fürchtet, dass ihr Mann seinem größten Verehrer und Begleiter Tschertkow, dem wichtigsten Vertreter der Tolstoianer, einen Großteil des Vermögens übereignet, vor allem die Rechte an seinem Werk. Tolstoi flieht schließlich aus der klaustrophobischen Enge seiner Ehe und stirbt im Bahnhof von Astapowo. Um Theorie und Praxis großer Ideen und Ideologien geht es in diesem dramatischen Film und ebenso um die Frage nach der Dauer oder Vergänglichkeit von Liebe. So stellt der Film dem alten Paar Lew und Sofa Tolstoi den jungen Valentin Bulgakow gegenüber, zunächst ein begeisterter Tolstoianer und Sekretär des greisen Schriftstellers, der aber zunehmend in die Rolle des Chronisten und Zeugen des Zerfalls der Ehe der Tolstois schlüpft. Er selbst aber erlebt die Liebe als einen Quell des Glücks und der Kraft, den selbst das Ehedrama des verehrten Dichters nicht zerstören kann. Bis zum Ende des Films, der mit dem Tod Tolstois am 20. November 1910 schließt, bleibt der hohe Anspruch des Films in der Dramaturgie, der Kamera, beim Schnitt, der niemals aufdringlichen, sondern sehr harmonischen Musik und der gelungenen Ausstattung erhalten.

Bis ins kleinste Detail sorgfältig recherchiert, wirkt dieser beeindruckende Film über das Ende einer Epoche, für die Tolstois sterbende Ehe zum Symbol wird, an keiner Stelle langatmig oder dramaturgisch seicht. Ein spannender Aspekt dieser Geschichte ist auch, dass jeder hier jeden zu beobachten scheint, jedes Wort aufgezeichnet, jede Emotion niedergeschrieben wird, später die Medien diese Funktion des Beobachtens und Vermerkens übernehmen, dann der Film und das technisch aufgezeichnete Wort immer mehr die mit der Hand verfassten Dokumente ergänzen, ersetzen und am Ende gar verdrängen. So ist „Ein russischer Sommer“ auch ein Kommentar über die Art, wie Erinnerungen verarbeitet werden, die Wahrheit aufgezeichnet, aber zugleich auch verfälscht werden kann und es deshalb auch immer mehrere Aspekte eines jeden Ereignisses gibt, die alle Anspruch auf Gültigkeit erheben – wovon auch dieser Film ein gelungenes Zeugnis ablegt.