Ein ganzes halbes Jahr
FBW-Pressetext
Louisa Clark ist Mitte zwanzig und hat gerade ihren Job verloren. Wieder einmal. Irgendwie scheint die quirlig fröhliche und immer ein bisschen zu schräg gekleidete junge Frau kein Glück auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Doch Louisa, die bei ihren Eltern lebt und deren Unterhalt unterstützen möchte, ist offen für jedes Arbeitsangebot, und so sagt sie auch sofort zu, als sie davon erfährt, dass die reiche Familie Traynor eine Art persönliche Assistentin für ihren querschnittsgelähmten Sohn William sucht. Vor zwei Jahren war William noch ein lebenslustiger junger Mann, ein erfolgreicher Banker, ein guter Sportler. Doch seit drei Jahren sitzt er nur noch in seinem Stuhl, schaut ins Leere und hat mit dem Leben abgeschlossen. Als Louisa in das Haus der Treynors kommt, wird sie von Williams Härte immer wieder vor den Kopf gestoßen. Doch Louisa beschließt, sich nicht unterkriegen zu lassen. Und sie setzt sich ein Ziel: William soll sich der Welt wieder öffnen. Und das Leben wieder lieben lernen. Der britischen Regisseurin Thea Sharrock gelingt mit EIN GANZES HALBES JAHR eine wunderschöne und werkgetreue Umsetzung der gleichnamigen Bestseller-Vorlage von Erfolgsautorin Jojo Moyes, die auch das Drehbuch verfasst hat. Schon in der ersten Szene begegnet der Zuschauer der Hauptfigur Louisa, die von Emilia Clarke mit großem Charme und Liebreiz verkörpert wird. Ihre Augen scheinen permanent zu strahlen, das Gesicht verspricht Lebensfreude pur. Nicht alles gelingt Louisa, oftmals stellt sie sich tollpatschig an – und doch ist ihr Verhalten so authentisch und ihre Begeisterung so mitreißend, dass man sich dem Zauber der Figur nicht entziehen kann. Dazu dienen sicherlich auch die bis ins kleinste Detail stimmigen Kostüme. Vom ausgefallenen Haarschmuck über gelb-schwarz gestreifte Strumpfhosen bis hin zu kunstvoll designten 50er Jahre Pumps – in jeder Farbe, in jedem Stoffmuster spiegelt sich der verspielte Charakter Louisas wieder. Als perfekter Gegenpart dazu agiert Sam Claflin als William Traynor, der gerade zu Beginn der Geschichte zugeknöpft und mürrisch wirkt und doch mit jeder Minute der Geschichte mehr auftaut und seinem schweren Schicksal mit größerer Hoffnung zu trotzen scheint. Zwischen beiden Darstellern stimmt die Chemie und so folgt man der romantischen Geschichte gern, die die perfekte Balance zwischen heiteren und tieftragischen Momenten zu finden scheint. Auch der restliche Cast begeistert mit seinem authentischen Spiel, und das Drehbuch erlaubt auch Nebenfiguren mit wenig Handlungsraum komplexe Rollen, die sich entwickeln und mit denen der Zuschauer mitfühlen kann. Trotz der Schwere des Themas ist EIN GANZES HALBES JAHR ein berührender und sehr unterhaltsamer Feelgood-Film mit perfektem Geschick für gutes Timing, der Mut zu großen Gefühlen beweist.Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm |
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Regie: | Thea Sharrock |
Darsteller: | Emilia Clarke; Sam Claflin; Vanessa Kirby; Matthew Lewis; Jenna-Louise Coleman; Charles Dance; Janet McTeer; Ben Lloyd-Hughes |
Drehbuch: | Michael H. Weber; Scott Neustadter; Jojo Moyes |
Buchvorlage: | Jojo Moyes |
Kamera: | Remi Adefarasin |
Schnitt: | John Wilson |
Länge: | 111 Minuten |
Kinostart: | 23.06.2016 |
VÖ-Datum: | 03.11.2016 |
Verleih: | Warner |
Produktion: | New Line Cinema, MGM; |
FSK: | 12 |
BD EAN-Nummer: | 5051890302366 |
DVD EAN-Nummer: | 5051890302373 |
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Jury-Begründung
Mit EIN GANZES HALBES JAHR feierte Jojo Moyes 2012 ihren Durchbruch als Schriftstellerin, 2013 erschien die deutsche Übersetzung des Bestsellers. Auf den ersten Blick könnte er auch die französische Komödie ZIEMLICH BESTE FREUNDE inspiriert haben. Doch der kam zeitgleich heraus, die wahre Begebenheit hinter diesem Welterfolg dürfte eher Stichwortgeberin die Autorin gewesen sein. Sie weitet das Sujet des Lebens mit einer Behinderung zudem um das brisante Thema Sterbehilfe aus, dem sich Filmemacher europaweit in berührenden Geschichten wie HIN UND WEG sowie UND MORGEN MITTAG BIN ICH TOT oder den dänischen Filmen IN DEINEN ARMEN und SILENT HEART stellen.Die Autorin war selbst an der Adaption des Drehbuchs beteiligt. Nicht nur die Fans ihrer Romanzen voller großer Gefühle kommen voll auf ihre Kosten. EIN GANZES HALBES JAHR erzählt eine melodramatische Freundschafts- und Liebesgeschichte über alle Klassen- und Gesellschaftsschranken hinweg als charmantes Feel-Good-Movie mit Aschenputtel-Anlehnungen, das die Herzen der Zuschauer verzaubert.
Louisa Clark ist verzweifelt auf Jobsuche, damit sich ihre Familie nach dem Jobverlust ihres Vaters materiell über Wasser halten kann. Die Arbeitsagentur vermittelt ihr die Stelle als Haushaltshilfe für den querschnittsgelähmten William Traynor. Nach dem Unfall haben seine vermögenden Eltern keine Kosten gescheut, um einen Teil des weitläufigen Anwesens für ihn umbauen zu lassen. Auch wenn dafür manches Klischee bedient wird, schaffen es Kostüm, Ausstattung und Locations mit präzis ausgesuchten Details, die Unterschiede in den Lebenswelten der beiden herauszuarbeiten. Tief in seinem Innern hat William mit seinem Leben abgeschlossen, er trauert dem Sport und seiner großen Liebe nach. Emotional hat er sich daher abgeschottet, was Sam Claflin überzeugend spielt. Doch auch er kann sich nicht dem Charme der unverkrampften und natürlichen Louise entziehen, die mit ihrem schrägen Modegeschmack in der englischen Provinz für Aufsehen sorgt.
Als sich die beiden gefühlsmäßig näher kommen, muss sich Louise der Tatsache stellen, dass Williams Termin in einer Sterbehilfeklinik in der Schweiz näher rückt. Überraschende Wendungen bleiben - so ja auch die stille Verabredung zwischen Filmemacher und Zuschauer - aus. Zum Stil britischer bittersüßer Romanzen passt jedoch, dass ein kitschiges Happy End ausgespart bleibt.
Emily Clarke und Sam Claflin haben das Charisma und die Ausstrahlung, um zum neuen Traumpaar romantischer Komödien zu avancieren. Das Abgleiten in eine überzuckerte Gefühlsduselei verhindern die Nebenfiguren wie Louisas bodenständige Eltern oder ihr verkniffener Freund, die alle wie liebenswürdige Nachbarn rüberkommen und doch ein wenig over the top gezeichnet sind.
Leider jedoch kann die deutsche Synchronisation nach Ansicht der Jury nicht immer mit der Qualität des Films mithalten.