Don't Worry Darling

Kinostart: 22.09.22
VÖ-Datum: 24.11.22
2022
Filmplakat: Don't Worry Darling

FBW-Pressetext

Doppelbödiger Mystery-Thriller und augenzwinkernde Abhandlung von patriarchalem Herrschaftsdenken in einem: Olivia Wildes zweiter Film ist ein großes Kinovergnügen.

USA in den 1950er Jahren: Alice ist mit ihrem Mann Jack in der heimeligen Kleinstadt „Victory“ glücklich. So wie alle Frauen in ihrer Nachbarschaft mit ihren Männern glücklich sind. Tagsüber genießt Alice die routinemäßigen Aufgaben einer braven Hausfrau, während Jack und die anderen Männer für Frank, den Erbauer der Stadt, arbeiten. Abends dann gibt sich Alice den Freuden des Ehelebens hin. Doch als eine der Frauen unter mysteriösen Umständen verschwindet und Alice anfängt, Dinge zu sehen, die es doch gar nicht geben kann, zeigt sich, dass das Glück im trauten Heim zu bröckeln beginnt.

Die Frau als Heimchen am Herd? Der Mann als starker Beschützer, der die Brötchen verdient? Ein Klischee, das die Regisseurin Olivie Wilde in ihrem neuen Film DON’T WORRY DARLING genussvoll aufgreift und bitterböse persifliert. Die künstlich-kalte Welt, die mit einem klugen Farbkonzept voller Bonbon- und Pastellfarben exzellent gestaltet ist, verbreitet von Beginn an eine bedrohlich aufgeladene Spannung. Zusammen mit Alice, die Florence Pugh mit großer Hingabe spielt, stolpern die Zuschauenden durch die Geschichte, deren Geheimnisse sich erst in kleinen Irritationen und dann in regelrecht explodierenden Plot-Twists offenbaren. Ob Ehemann Jack (charmant wie immer: Harry Styles), die Nachbarn, der von sich mehr als eingenommener Patriarch der Stadt – alle Charaktere werden von Wilde und ihren Drehbuchautor:innen Katie Silberman sowie Carey und Shane Van Dyke mit großer Inszenierungsfreude wie Spielfiguren angeordnet – dazu agiert das Ensemble mit Verve und der spürbaren Lust an der augenzwinkernden Verwirrung. Wie eine Spirale – ein Symbol, welches immer wieder im Bild auftaucht, dreht sich der atemlose Spannungsverlauf bis zum Ende des Films. Mit DON’T WORRY DARLING ist Olivia Wilde ein Film gelungen, der sowohl als doppelbödiger Thriller als auch als augenzwinkernd feministischer Kommentar auf das männlich-patriarchale Herrschaftsdenken funktioniert.

Filminfos

Gattung:Thriller; Spielfilm; Mystery
Regie:Olivia Wilde
Darsteller:Florence Pugh; Harry Styles; Olivia Wilde; Gemma Chan; Kiki Layne; Nick Kroll; Chris Pine
Drehbuch:Katie Silberman; Carey Van Dyke; Shane Van Dyke
Kamera:Matthew Libatique
Schnitt:Jennifer Lame; Andrew Leven
Musik:John Powell
Länge:123 Minuten
Kinostart:22.09.2022
VÖ-Datum:24.11.2022
Verleih:Warner
Produktion: New Line Cinema, New Line Productions; Vertigo Entertainment; Warner Bros.;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die Männer fahren morgens in ihren teuren Straßenkreuzern zur Arbeit, ihre Ehefrauen genießen das Leben in ihren hübschen Bungalows in einer isolierten Wohnsiedlung in der Wüste. Das Amerika der 1950er Jahre wird hier als eine Retro-Utopie präsentiert, aber für die Heldin, die nicht umsonst Alice heißt, wird das Leben in diesem Sehnsuchtsort nach und nach zu einem Alptraum. Die Regisseurin Olivia Wilde arbeitet geschickt mit Irritationen: Der Lebensraum und auch die Menschen in der vermeintlichen Idylle sehen aus, als wären sie für Postkarten oder Werbekataloge aufgenommen worden. Alles ist zu perfekt, um „wahr“ zu sein. Alice wundert sich darüber, dass eine ihrer Freundinnen wie ein Zombie wirkt, in ihrer perfekten Küche sind Eier plötzlich leer und in ihren Träumen hat sie Visionen in schwarz-weiß, die wie Fragmente aus einer ganz anderen Realität wirken. Und es gibt einen charismatischen Führer in dieser Gemeinde, dem alle hörig zu sein scheinen: Frank, der Schöpfer des „Victory Projects“, schwört alle auf ein gemeinsames Ziel ein, das aber irritierend diffus bliebt.

DON’T WORRY DARLING erinnert an die feministische Science-Fiction-Satire THE STEPFORD WIVES. Auch hier wird in einer modelhaften Kleinstadtidylle ein patriarchales Herrschaftssystem mit futuristischer Technologie durchgesetzt, und auch hier ist es eine Frau, die diese Illusion schließlich durchschaut und sich dagegen wehrt.

Florence Pugh ist in der Rolle der Alice eine beeindruckende Heldin, und Olivia Wilde erzählt sehr spannend und unterhaltsam, sodass ihre feministische Botschaft nie zu aufdringlich ins Auge springt. Der Plot Twist, durch den alles davor Gesehene eine andere, verstörende Bedeutung erhält, ist dramaturgisch geschickt gesetzt, und auch stilistisch wird hier konsequent aus einer weiblichen Perspektive erzählt, wie etwa bei den Sexszenen deutlich zu erkennen ist. DON’T WORRY DARLING ist ein klug konstruierter Thriller, der auch in der Gender-Debatte um Themen wie sexistische Klischees und toxische Männlichkeit ganz auf der Höhe der Zeit ist.

Im Anschluss an eine spannende Diskussion und in Abwägung aller Argumente erteilt die Jury dem Film gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL.