Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Vor zwölf Jahren brachte Pixar mit DIE MONSTER AG einen Animationsfilm heraus, der auf der Grundannahme basiert, dass Monster genau so fleißig arbeiten wie alle guten Amerikaner. Das Erschrecken von Menschen setzt in diesem Paralleluniversum Energien frei, mit denen die Monsterwelt in Gang gehalten wird und das Erzeugen von Angstschreien muss daher ebenso professionell beherrscht werden wie jede andere hochkomplizierte Arbeitstechnik. Nach einer so langen Zeit wurde eine Fortsetzung von den (inzwischen schon erwachsenen) Fans sicher nicht mehr ganz so sehnlich erwünscht, und so ist dies zum Glück keines der vielen aus rein kommerziellen Gründen produzierten Sequels. Stattdessen basiert der Film auf einer guten und ausbaufähigen Idee: Was wäre, wenn die Monster nicht nur in einer typisch amerikanischen Firma arbeiten, sondern vorher auch auf die Universität gehen, um dort sowohl akademisch wie auch praktisch das Erschrecken von Menschen zu erlernen? Die beiden Helden des ersten Films, James P. Sullivan (genannt „Sulley“) und Mike Glotzkowski, sind hier noch keine Freunde, sondern erbitterte Konkurrenten, wobei Sulley ein arroganter Gewinnertyp ist und der grüne Einäuger Mike ein von Selbstzweifeln zerfressender Nerd. Das Genre des Highschool-Films ist ja seit langem gut etabliert, und so konnten sich die Drehbuchschreiber ausgiebig an dessen Klischees und Konventionen bedienen. Der besondere Reiz von DIE MONSTER UNI besteht jedoch darin, dass alles ebenso seitenverkehrt ist wie die Monsterwelt im Vergleich zur Welt der Menschen. Die begehrtesten Mädchen sehen hier besonders schrecklich aus und die Mutter eines Muttersöhnchens ist zwar für diesen äußerst peinlich, wenn sie immer ständig mit Tee und Gepäck hereinplatzt, aber sie hat eben auch mehrere Augenpaare und wenn sie ihre Lieblingsmusik hört, ist dies eben Death Rock. Mike und James bekriegen sich so destruktiv, dass sie Schwierigkeiten mit der Dekanin der Uni bekommen, die nicht nur im übertragenen Sinne ein Drache ist. Sie werden nur dann nicht rausgeschmissen, wenn sie mit einem Team von schrulligen Versagern die große Meisterschaft im Erschrecken gewinnen. Und natürlich gibt es ein Team von Snobs, die immer alles gewinnen, und ebenso natürlich gibt es einen Wurm, der die Guten verrät, um sich bei den Mächtigen einzuschmeicheln. All das ist altbekannt, aber in der Monsterversion komisch, einfallsreich erzählt und zum Teil erstaunlich spannend. Jeder vermeintliche Loser und Freak im Team hat seinen großen Moment, in dem er den Tag rettet, und die dramaturgische Auflösung macht sogar noch Studienabbrechern Mut. DIE MONSTER UNI ist brillant animiert, aber weil dies bei den Filmen der Pixar-Studios der bekannte Standard ist, nimmt man es fast schon als selbstverständlich hin und vergisst dabei, wie viel schöpferische Energie, virtuoses Handwerk und Witz in jeder einzelnen Sequenz steckt. Der 3D-Effekt wird hier so dezent eingesetzt, dass man ihn nach wenigen Minuten als selbstverständlich wahrnimmt. Es wird mit den Körpern und den Räumen gearbeitet – die ewigen Achterbahnfahrten und auf den Zuschauer zufliegenden Objekte sind zumindest in Filmen wie diesem überstandene Kinderkrankheiten. Wie sorgfältig im Detail gearbeitet wird, ist auch daran zu erkennen, dass in der deutschen Fassung alle Schriftzüge, Straßennahmen, Slogans und Zeitungsschlagzeilen in deutscher Sprache zu lesen sind. DIE MONSTER UNI ist ein smarter, komischer, warmherziger und virtuos animierter Animationsfilm. Summa cum laude .