Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Wer kennt nicht die Nachrichten von gestrandeten Flüchtlingsbooten aus Afrika? Doch wer kann sich schon hinreichend vorstellen, welche Schicksale damit verbunden sind? Dieser Film berührt unbequeme Wahrheiten. Dramaturgisch gut aufbereitet, werden parallele Handlungsstränge entfaltet und verknüpft. Wir lernen einen jungen Polizisten und seine drogensüchtige Schwester, einen afrikanischen Vater mit seinem Sohn sowie ein Touristenpaar kennen. Und wir erfahren mehr als erwartet. Man kann sogar sagen, dass der Film uns mit diversen Spielarten der Vernunft bekannt macht und deren Grenzen aufzeigt. Der Polizist José ist zunächst sehr zweckmäßig rational eingestellt und nur auf das Aufspüren der Wahrheit aus. Im Kontrast dazu agiert die Touristin Nathalie mit emotionaler Wahrhaftigkeit und versucht, moralisch richtig zu handeln. Welche Folgen daraus erwachsen, kann der Zuschauer miterleben. Auf Gran Canaria ereignen sich Tragödien, die die Figuren verändern. José, der (auch aus Selbstschutz) einst Härte zeigte und sich stets streng an die Gesetze hielt, kann nach dem Tod der Schwester über seinen Schatten springen. Er selbst verweist mit seinem Handeln darauf, dass es ein großer Unterschied ist, ob man an Hilfsbedürftigen vorbeifährt oder anhält und er bringt dies auch (in anderem Zusammenhang) direkt zur Sprache. Ohne falsche Sentimentalitäten und mit schonungslosem Realismus wird das Dilemma aufgezeigt, in dem wir alle irgendwie stecken. Das geschieht mit prägnanten, semantisch reichhaltigen Dialogen und mit subtilen filmästhetischen Mitteln. Ein seltsames Licht (scheinbar mit Blaufilter gedämpft) wirkt kalt und klärend. Die Musik wird klug eingesetzt. Einige Bildkompositionen besitzen starke Symbolkraft. Die Regisseurin Maggie Peren, die Darsteller, Armin Franzen mit der Kamera und andere Spezialisten der Crew haben erstaunlich gut gearbeitet. Die FBW-Jury votierte daher einstimmig für das höchste Prädikat.