Die Brautentführung - El secuestro de la novia

Filmplakat: Die Brautentführung - El secuestro de la novia

FBW-Pressetext

Luisa und Fred lieben sich. So wie sie sind. Sie lieben sich als Individuen und freuen sich auf ihre baldige Hochzeit. Doch als Luisas Eltern aus Buenos Aires anreisen und Freds Familie aus Brandenburg eine richtig traditionelle Hochzeit mit allem Drum und Dran planen, merken Luisa und Fred, dass ihnen das selbstbestimmte Leben so langsam entgleitet. Bis die Situation bei einem traditionellen Hochzeitsspiel endgültig aus dem Ruder läuft. Ein junges modernes Paar, mit fluiden Geschlechterdefinitionen auf der einen Seite – auf der anderen Seite die Erwartungshaltung der Eltern, Großeltern, der jeweiligen Heimat. Sophia Mocorrea beschreibt den Culture und Generation Clash in ihrem Film EL SECUESTRO DE LA NOVIA in launigen kleinen Sequenzen und unterteilt diese nach einem traditionellen kleinen Brautvers: „Something old, something new, something borrowed, something blue“. Die einzelnen Situationen – das Sightseeing mit den Schwiegereltern, die grölige Partystimmung im örtlichen Mehrzwecksaal, das verkrampfte Durchziehen uralter Dorftraditionen wie etwa die Entführung der Braut durch die Polizei, fängt die exzellente Kamera in klugen, subtil kommentierenden Einstellungen ein. In fast dokumentarisch unaufgeregten Sequenzen lässt Mocorrea viele kleine Unterschwelligkeiten durchblitzen. Durch den latenten Rassimus der Polizeibeamten etwa. Oder die Handlungsunfähigkeit der jungen Eheleute, die ja eigentlich nur nach ihrer Fasson glücklich werden wollen. EL SECUESTRO DE LA NOVIA ist ein mit Augenzwinkern erzählter Kurzspielfilm, der Lakonie und Witz clever miteinander verbindet.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Sophia Mocorrea strukturiert ihren halbstündigen Film DIE BRAUTENTFÜHRUNG mit Zeilen aus dem englischen Folklorespruch dazu, was eine Braut zur Hochzeit tragen sollte: "Something old, something new, something borrowed, something blue..." Die eigentliche Geschichte ihres Films dreht sich aber um komplexere und verstecktere Dinge: um Themen wie "Culture Clash" – beim Paar, das heiratet. Er kommt aus offenbar ostdeutscher Provinz und sie aus Argentinien. Es geht um Tradition versus Moderne, Rituale versus Freiheit und um das Korsett, in das besagte Traditionen und Rituale das Leben schnüren.

Der Film beginnt mit einem sehr überraschenden Anblick: Eine kleine Lama-Herde spaziert durch ein deutsches Straßendorf – ein gelungener Auftakt für einen Film über den Clash von Kulturen. Fragmenthaft zeigt der Film dann die Vorbereitungen zur Trauung und schließlich den Ablauf der Hochzeit. Das sehr gut geschriebene Drehbuch stellt beiläufig heraus, wie lang nicht ausgetragene Konflikte und Konfrontationen sich zuspitzen. Fragen wie, ob das junge Paar tatsächlich in das ererbte Familienhaus einziehen will, oder ob die junge Braut auch wirklich das Hochzeitskleid der Mutter anziehen mag, zeigen schließlich ihre Sprengkraft, wenn auch noch eisern am Ritual der Brautentführung festgehalten wird, bei dem die argentinische Braut auf der Polizeiwache landet, wo der Scherz nahtlos in ausländerfeindlichen Ernst überzugehen droht.

Wo das Drehbuch in recht konziser Form von einem nuancierten Reichtum an Konflikten erzählt, zeigt sich die Inszenierung stellenweise noch ein wenig holprig. Doch das wurde, so die Meinung der Jury, durch den Mut zur Komplexität problemlos wieder ausgeglichen. Sehr gerne vergibt die Jury der FBW dem Film das höchste Prädikat BESONDERS WERTVOLL.