Der Staat gegen Fritz Bauer
FBW-Pressetext
Als Fritz Bauer in den 1950er Jahren zum hessischen Generalstaatsanwalt berufen wird, setzt er sich große Ziele: Er will nicht nur die Verbrecher der NS-Zeit anklagen, sondern vor allem dafür sorgen, dass Deutschland die Verbrechen anerkennt und sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt. Jahrelang arbeitet Bauer, zusammen mit einem Team aus Staatsanwälten, daran, die Funktionäre des Dritten Reiches, die ins Ausland geflohen waren, zu verhaften, um ihnen in Deutschland den Prozess zu machen. Vor allem Adolf Eichmann, den ehemaligen SS-Obersturmbannführer, will er zur Verantwortung ziehen. Dafür arbeitet er eng mit dem israelischen Geheimdienst zusammen. Immer stärker wird Bauer beherrscht von diesem Ziel. Und immer stärker zieht sich das Netz von Intrigen um ihn zusammen. Denn die Arbeit, die Fritz Bauer macht, sieht nicht jeder im Deutschland der Nachkriegszeit gern. Es gibt viele, die noch alten Idealen und Ideologien verhaftet sind und Bauer als Unruhestifter und Landesverräter ansehen. Und somit als Staatsfeind. Es hat viele Jahre gedauert, bis die unermesslich wichtige Arbeit Fritz Bauers, der die Auschwitzprozesse in den 1960er Jahren nicht nur leitete, sondern sie überhaupt erst möglich machte, anerkannt und aufgearbeitet wurde. Und noch immer sind die Umstände ungeklärt, die zu seinem Tod im Jahr 1968 führten. In seinem Spielfilm nähert sich Regisseur Lars Kraume der Figur Fritz Bauer an, zeigt private Facetten, ohne spekulativ vorzugehen, und beschreibt sein berufliches Wirken anhand wichtiger historischer Eckpunkte. Im Fokus stehen die Suche nach Eichmann und der stete Kampf gegen die Feinde in der eigenen Behörde, die sich gegen den aufrührerischen und unkorrumpierbaren Geist Bauers stellte. Schier phänomenal ist die darstellerische Leistung Burkhart Klaußners als Fritz Bauer. Mit seiner Sprache, seiner Gestik, seiner Mimik verkörpert er Bauer so gekonnt und glaubhaft, dass man den Schauspieler hinter der historischen Figur vergisst. Auch Götz Schubert als hessischer Ministerpräsident und enger Vertrauter sowie Ronald Zehrfeld als junger Staatsanwalt, der durch seine Zusammenarbeit mit Bauer selbst zur Zielscheibe der Intrigen wird, überzeugen. DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER ist eine genau beobachtete und perfekt ausgestattete Studie über Deutschland in der Zeit nach dem Krieg. Und gleichzeitig ein bis zur letzten Minute hochspannender Politthriller über den Kampf eines einzelnen Mannes gegen das Vergessen einer Nation.Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm |
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Regie: | Lars Kraume |
Darsteller: | Burghart Klaußner; Michael Schenk; Ronald Zehrfeld; Sebastian Blomberg; Jörg Schüttauf; Götz Schubert; Lilith Stangenberg; Cornelia Gröschel; Laura Tonke; Robert Atzorn; Rüdiger Klink |
Drehbuch: | Lars Kraume; Olivier Guez |
Kamera: | Jens Harant |
Schnitt: | Barbara Gies |
Musik: | Julian Maas; Christoph M. Kaiser |
Weblinks: | filmfriend.de; moviejones.de; |
Länge: | 105 Minuten |
Kinostart: | 01.10.2015 |
Verleih: | Alamode Filmdistribution |
Produktion: | zero one film GmbH , TERZ Filmproduktions GmbH; WDR; HR; Arte G.E.I.E.; |
FSK: | 12 |
Förderer: | FFA; Hessische Filmförderung; DFFF; FFHSH; Film- und Medienstiftung NRW |
Jury-Begründung
Lars Kraumes Film bewegt sich zwischen Politthriller und Zeitdokument der deutschen Nachkriegszeit. Die Ereignisse um den Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und sein Engagement für die Ergreifung Adolf Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst Mossad im Jahre 1960 ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Bundesrepublik alles andere als entnazifiziert war. In seinem Bemühen, Naziverbrecher vor Gericht zu stellen, bewegte er sich außerhalb seines Dienstzimmers auf Feindesland, wie er selbst einmal gesagt haben soll. Diese Geschichte erzählt der Film historisch ziemlich genau. Eine wichtige Veränderung besteht in der Einführung einer fiktiven Figur, Staatsanwalt Karl Angermann. Es handelt sich um den einzigen Mann, dem Bauer trauen kann. Um dieses Vertrauen auf einer weiteren Ebene zu motivieren, ist die Figur, wie Fritz Bauer selbst, homosexuell. Damit wird die Vermutung einer tatsächlichen Homosexualität des historischen Fritz Bauer aufgegriffen und ein weiteres Spannungselement etabliert, denn die sexuellen Neigungen dürfen nicht an die Öffentlichkeit dringen. Dem kann indes eine weitere hochinteressante Bedeutung zugewiesen werden. Denn auf einer politischen Interpretationsebene ließe sich diese Zusammenführung der Geheimhaltung einer damals stigmatisierten geschlechtlichen Identität mit der Geheimhaltung der Verfolgung eines Naziverbrechers als Parallelisierung von Judenhass und Homophobie lesen.DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER ist ein gut inszenierter und spannender sowie solide ausgestatteter Film über ein Kapitel deutscher Geschichte, das bisher kaum erzählt wurde. Am Überzeugendsten sind die darstellerischen Leistungen, allen voran Burghart Klaußner als Fritz Bauer, der viele Elemente des realen Fritz Bauer übernimmt (etwa dessen Sprachgestus) und diese mit eigenen Interpretationen kombiniert, so dass ein sehr dreidimensionaler Charakter in Erscheinung tritt. Auch in den anderen Rollen ist der Film hervorragend besetzt.