Der Morgen danach

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Eindruck, den der Bewertungsausschuss von dieser mit deftigen Gruselszenen sich vorstellenden Mordgeschichte gewann, war dieser: ein raffiniert verschlüsseltes Drehbuch mit "um die Ecke gedachter" Krimi-Logik, routiniert gemixt, aber im Grunde viel Lärm um wenig. Ermordung eines Sexfotografen, damit keine Erpressung durch diesen erfolgen kann. Was unbekümmert nicht gezeigt wird, sind Details aus dem Gang der Hlatung; was ins Bild gerät, ist der vordergründige Horroreffekt, mit dem die Nerven der Protagonisten ebenso gefoltert werden wie die der Zuschauer. Da Jane Fonda die Hauptrolle spielt, die ihr ein wirksames come-back beschert, bleibt Spannung bis zum Ende erhalten, und zwar auch dort, wo die Dramaturgie auf schwachen Füßen steht.

Wenn Sidney Lumet Regie führt, wird die Unglaubwürdigkeit der Story plötzlich glaubwürdig. Die Mittel, mit denen er arbeitet, wirken legitim. Die Figuren, die er inszeniert, werden unvermutet realistisch und berufen sich auf handfeste Biografien. Was Lumet abliefert ist nicht allein Action um der Action willen, sondern kulinarisch genüßliches großes Kino, dem der Bewertungausschuss das einstimmige Prädikat "wertvoll" nicht vorenthalten wollte.