Democratic Locations (Version: Deutschland)

Filmplakat: Democratic Locations (Version: Deutschland)

FBW-Pressetext

Alexanderplatz, Potsdamer Platz, Deutsche Oper: Berliner Orte, deren Namen für sich stehen und sofort historische Ereignisse evozieren. Der Filmemacher und Künstler Thomas Kutschker setzt ihnen mit diesem essayistischen Experimentalfilm ein außergewöhnliches dokumentarisches Denkmal. Er überlagert Filmaufnahmen der Plätze von heute mit den historischen Tonaufnahmen von damals. Wichtige Ereignisse der deutschen Geschichte scheinen so nicht mehr zu den heutigen Alltagsbildern der entsprechenden Plätze zu passen. Doch Kutschker sucht mit seiner Kamera, die einfühlsam mit Reißschwenks und Zooms arbeitet, nach Hinweisen und aussagekräftigen Details, die einen Schluss auf Vergangenes zulassen könnten. Dies setzt der Filmemacher konsequent um, bis hin zur letzten Einstellung, wo die Tonebene einen ganz neuen Weg einschlägt, der überrascht und amüsiert. Insgesamt ein großartiger untersuchender Film, der interessante Fragen stellt, aber sich fern von jedem Urteil hält.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Experimentalfilm; Kurzfilm; Essayfilm
Regie:Thomas Kutschker
Drehbuch:Thomas Kutschker
Kamera:Thomas Kutschker
Schnitt:Thomas Kutschker
Länge:6 Minuten
Produktion: Thomas Kutschker
Förderer:Filmbüro Bremen

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es sind Daten aus der deutschen Nachkriegsgeschichte, die manchem nicht mehr so konkret geläufig sind: 1953, 1967, 1989. Das waren der Volksaufstand am 17. Juni, die Proteste gegen den Schah-Besuch in Berlin am 2. Juni vor der Deutschen Oper und die Demonstration auf dem Alexanderplatz am 4. November 1989, kurz vor dem Fall der Mauer. Diese drei historisch wichtigen Orte, die auch zum Symbol für den Kampf für Demokratie und Meinungsfreiheit in Deutschland geworden sind, bilden den Schauplatz der Untersuchung über „Democratic Locations“ gestern und heute. Was ist von diesen Ereignissen geblieben? Wie sehen diese Schauplätze heute aus? Zu Ton-Collagen von den jeweiligen Zusammenkünften sehen wir Bilder der Plätze heute – Touristen, Menschen in der Sonne, Autos, Bauwerke. Eine direkte Brücke zu den Geschehnissen aus jenen Jahren scheint es keine mehr zu geben. Und bei den Aufnahmen vom Zentrum der deutschen Demokratie, dem Kanzleramt, rauscht nur ein Springbrunnen, blökt ein Schaf und überrascht die Stille. Besonders auffallend und erwähnenswert sind in diesem kleinen Experimentalfilm über ein großes Thema die gelungene Montage von Bild und Ton, wobei es durchaus mehr Tondokumentation hätte geben können, und die „suchende“ Kamera, die sich vorsichtig an die Schauplätze herantastet. So schälen sich langsam aus den zunächst schwarz-weißen Bildern Konturen und Figuren heraus, die immer mehr an Farbe gewinnen. Am Ende ist aus dem Schwarz-Weiß-Film dann ein Farbdokument über die Öde vor dem Kanzleramt geworden. In jedem Betrachter wird dieser Film andere Assoziationen auslösen, und gerne würde man mehr von diesen Schauplätzen der Geburt und auch der Stagnation unserer westlichen, deutschen Demokratie erfahren.