Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
„Jetzt ist schon wieder was passiert...“. Man kann sich darauf verlassen, dass der mehr als seltsame Erzähler seine Geschichte vom Brenner mit diesem Satz beginnt, und man kann sich zum Glück auch darauf verlassen, dass Wolfgang Murnberger, Josef Hader und Wolf Haas schon wieder einen von dessen Thrillern kongenial adaptiert haben. Nach 14 Jahren und drei Filmen sind sie perfekt aufeinander eingespielt. Inzwischen erarbeiten sie gemeinsam das Drehbuch und kreieren ihren Brenner-Kosmos so erfindungsreich, komplex und boshaft, dass der Film sowohl als Thriller, Komödie wie auch als Drama funktioniert. Erwartungen werden da souverän sowohl enttäuscht wie auch befriedigt. Das beginnt schon bei dem irritierenden pseudo-dokumentarischen Anfang im Arbeitsamt mit einer Abfolge von verlebten und resignativen Gesichtern, in die Brenner sich ohne viel Aufhebens einreiht. Sein Leben als „gesellschaftliches U-Boot“ wird von der Sachbearbeiterin lakonisch auf den Punkt gebracht, die einzige Hoffnung ist noch das geerbte Haus im Heimatort, obwohl der Brenner dorthin nicht zurück wollte. Schnell ist er in eine verfahrene Geschichte mit zwei seiner Jugendfreunde verwickelt, und in dieser werden die Genrekonventionen wie immer bei Wolf Haas brillant gegen den Strich gebürstet. Agatha Christie hat einen Roman geschrieben, in dem der Erzähler der Mörder ist, aber dass der Detektiv nicht weiß, dass er sich selber in den Kopf geschossen hat und er deshalb vergebens seinen eigenen Mörder sucht, ist noch schräger. Eine erstaunlich rasante Verfolgungsjagd wie aus einem Actionfilm findet zwischen einem Automobil und mit einem alten Puch-Moped statt und endet unentschieden mit Brenners Ausspruch „I mog nimmer“. Und in einer Sequenz auf dem Friedhof versteckt Murnberger ein Zitat aus DER DRITTE MANN. Weil die Reihe über die Jahre so erfolgreich geworden ist, kann sich Murnberger bei den besten Schauspielern der Republik bedienen, und so gibt Tobias Moretti einen grandiosen Aschenbrenner, der es als einziger von den Schulfreunden zu etwas gebracht hat, aber als Polizeichef von Graz eben nicht der stereotypische kaltherzige Karrierist geworden ist, sondern als Mörder aus Liebe zum tragischen Helden der Geschichte wird. Den absurd unwahrscheinlichen Zufall vermeidet Haas nicht, sondern er baut auf ihn wie in der Szene, in der auf dem Polizei-Computer ein Phantombild erstellt werden soll, der Zeuge aber auf dem Bildschirmschoner die Freundin von Aschenbrenner als die Täterin erkennt. Brenner erträgt im Grunde mehr als dass er handelt, aber Josef Hader spielt dies mit solch einer stoischen Abgeklärtheit, dass er selbst bei einer Polizeikontrolle ohne Helm auf dem Moped unbesiegbar und natürlich sehr komisch wirkt.