Filmplakat: Camp 22

FBW-Pressetext

Ein Mann sitzt auf einem Stuhl in einem kargen Raum und erzählt. Er erzählt der Kamera von seiner eigenen Geschichte als Sicherheitschef eines Lagers für politische Gefangene. Dazwischen Bilder einer menschlichen Versuchsanordnung. Eine Familie, gefangen in einem Raum wie Mäuse, beobachtet von namenlosen Aufsehern wie ihm. Nichtwissend, dass sie bald qualvoll sterben werden. Die Frage lautet: Was fühlt ein Täter bei solchen Experimenten? In nur vier Minuten erzählt Markus Kreuzwirth die erschütternde Geschichte zwischen Opfer und Täter. Angelehnt an eine BBC-Dokumentation aus dem Jahr 2004 verkörpert ein koreanischer Schauspieler den ehemaligen Folterer mit seiner kalten Gefühllosigkeit und der hilflosen Geste des Fremdbestimmten. Die stakkatohaft eingeschnittenen Bilder der dargestellten Opfer zeigen keine Gewalt und lassen dennoch das Kopfkino furchtbare Bilder produzieren. Eindrucksvoll inszeniert, stark und gewaltig.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Markus Kreuzwirth
Darsteller:Jang Jong Choi; Joon Seok Choi; Tim Jin; Janina Jin; Arm Tarmanovas; Ji Hu; Monchi Wang; Nan Gartmann
Drehbuch:Markus Kreuzwirth
Kamera:Julian Müller-Scheffsky
Schnitt:Markus Kreuzwirth; Jochen Hermann
Länge:4 Minuten
Produktion: Markus Kreuzwirth
FSK:12
Förderer:Hochschule für angewandte Wissenschaften, Hamburg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein älterer Mann in einem unauffälligen Anzug sitzt auf einem Stuhl und erzählt mit zunächst fast unbeweglichem Ausdruck von etwas, das in der Vergangenheit geschehen ist und offenbar als schwerer Schatten über ihm liegt. Es geht dabei offensichtlich um ein Straflager, in dem ganze Familien zu Tode kamen, denen man Verrat an ihrem Staat vorwarf. Schnell wird deutlich, obgleich dieser spartanisch strenge und stringente Film es nicht in Worte fasst, dass es sich um Nordkorea handelt und der kleine graue Mann auf dem Stuhl nicht allein Zeuge, sondern Mittäter war. In kurzen Spielszenen werden Momente eingeblendet, die zeigen, wie Eltern mit ihren kleinen Kindern unerbittlich von den grausamen Mühlen dieser Staatsjustiz zermalmt wurden. Und nur kurz spürt man in einer Szene dieser Confessio eines alternden Mannes das Aufblitzen von Entsetzen über die eigene Seelenlosigkeit. CAMP 22 ist nicht nur ein eindringliches, schnörkelloses Porträt eines Täters, der sich seiner Schuld stellen muss, sondern auch ein Blick in den Abgrund des Bösen. Und es ist beeindruckend, wie es dem Film gelingt, mit wenigen Szenen und vor allem durch die Konzentration der Kamera auf das Gesicht des Mannes, der da scheinbar regungslos von seiner Vergangenheit berichtet, im Betrachter Emotionen hervorzurufen.