Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Es ist ein gut bewährtes Rezept, gesellschaftliche Probleme in der Form einer Komödie anzusprechen. So kann man im Detail von Missständen erzählen, den Opfern ein Gesicht geben und gleichzeitig unterhalten. In BIS ZUM HORIZONT, DANN LINKS geht es darum, wie in einer modernen Wohlstandsgesellschaft mit alten Menschen umgegangen wird. Viele der Bewohner des Seniorenheims „Abendstern“ fühlen sich von ihren Familien abgeschoben, und mit der jüngsten „Insassin“ Annegret Simon lernen wir am Anfang des Films ihre Familie, das Heim, die anderen Bewohner, die dort arbeitende Schwester und die resolute Heimleiterin kennen. Nach dieser halbwegs realistischen und ökonomisch erzählten Exposition bekommt der Film schnell einen märchenhaften Ton, wenn der rebellische Herr Tiedgen bei einem organisierten gemeinsamen Rundflug das Flugzeug (mit der Junkers-Ju passenderweise ebenfalls ein altes Stück) entführt, um noch ein letztes großes Abenteuer zu erleben. Dass da einige Szenen hart am Rande des Klamauks vorbeisegeln und einige Löcher in der Erzählung klaffen (die Besatzung verwandelt sich allzu plötzlich von Entführungsopfern zu Mittätern), verzeiht man den Filmemachern gerne. Auch dass man sich für die obligatorische Liebesgeschichte dann doch wieder bei den jüngeren Filmfiguren bedient, ist eine nachvollziehbare, wenn auch ein wenig halbherzige Entscheidung. Anna Maria Mühe und Robert Stadlober sind ein schönes Paar, aber sie werden natürlich von dem wunderbar zusammengesetzten und agierenden Ensemble mit deutschen Schauspielgrößen an die Wand gespielt. Angelica Domröse, Ralf Wolter, Tilo Prückner und vor allem Otto Sander sind offensichtlich inspiriert von dem Stoff und ihren Rollen. Man sieht ihnen durchweg gerne zu und gönnt ihnen von Herzen den kleinen subversiven Ausbruch. So wird auch Tiedgens großer Monolog, in dem die ganze Problematik noch einmal verdichtet formuliert ist, durch die Intensität und dasPathos im Spiel von Sanders zu einem der berührendsten Momente des Films.