Auf dem Land

Filmplakat: Auf dem Land

Kurzbeschreibung

Ein schwüler Sommertag im brandenburgischen Hinterland. Unter der prallen Sonne muss der vierzehnjährige Volkan auf einem Bauernhof schuften und sehnt sich danach, endlich wieder nach Hause, in die Großstadt, zurück zu dürfen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Kurzfilm
Regie:Dennis Schanz
Darsteller:Nihan Aydilek; Gottfried Vollmer; Helga Koren; Asad Schwarz
Drehbuch:Dennis Schanz; Benjamin Schreuder
Kamera:Gaetan Varone
Schnitt:Ole Lohmann
Musik:Christof Rickert
Länge:16 Minuten
Produktion: Stick Up Filmproduktion GbR, DFFB;
Förderer:dffb

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

In 16 Minuten nimmt der Film das Publikum mit in eine extreme Situation für einen jungen Menschen, der offenbar auch zwischen zwei Kulturen aufwächst.
Zunächst geben die Bilder eine genaue Beschreibung der Situation vor Ort. Es ist gar nicht so wichtig, dass der Zuschauer weiß, warum der junge Mann dort arbeitet, der augenscheinlich nicht dort hingehört. Die Bilder bereiten aber auch eine vage Ahnung vor, dass diese klare Arbeitswelt auf dem Land und ihre quasidokumentarische Einführung keinen Bestand haben werden in dieser Geschichte. Bereits die Anfangssequenz spielt mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer, erzählerisch, vor allem aber filmisch. In wunderbar mutiger Weise hält die Kamera sehr lange das Bild der in das Heu springenden Kinder fest. Die lange Einstellung, das Fliegen und der Versuch des sichtlich älteren Volkan, es den Kindern des Dorfes gleichzutun, werden zu einem besonderen Moment. Das gibt es nicht so oft und spricht für einen sehr bewussten Einsatz der Kamera und der Verwendung des Lichtes.
Es spielt eine Leichtigkeit vor, die dann verfliegt, ganz folgerichtig. Sowohl der angedeutete Schuss auf die Bäuerin als auch der Umgang mit der Katze zeigen nicht nur einen verstörenden Moment der Gewalt im Film, sondern hier wird der Film auf sehr klare Weise auch gewalttätig gegenüber dem Zuschauer. Er kann nicht mehr „draußen“ bleiben und muss sich mit einer zugespitzten, extremem Situation auseinandersetzen.
Neben dieser Gewalt findet der Film vor allem Bilder für die große Einsamkeit, von der Volkan in seiner neuen Lebenssituation erfasst ist. Bei Tageslicht und einem Umfeld für Auseinandersetzung kann der Junge damit umgehen. Er kann den Halbstarken geben, er kann versuchen, sich den Menschen zu nähern oder sich durch Arbeit und Beobachtung mit seiner Umgebung auseinanderzusetzen. Diese Einsamkeit erreicht filmisch einen Höhepunkt, als er, dieser Versuche überdrüssig, im Dunkeln hockt. Da kommt die kleine Katze auf ihn zu. Diese Einsamkeit ist förmlich greifbar und sein folgender Ausbruch, ob überzeugend vorbereitet oder nicht, zeigt ganz deutlich, dass er diese erste Chance zur Überwindung dieser Einsamkeit noch nicht nutzen kann.
Die Dunkelheit, die ihn bei seinem Fluchtversuch umgibt, reißt ihn nieder, er verliert die Orientierung. Er ist nicht nur einsam, er ist tatsächlich allein. Und es liegt wohl ein wenig an ihm, diese Situation auch zu überwinden. Dann steht er auf, auch hier gibt die Kamera seinem Blick lange Zeit, sich zu orientieren, sich zu finden – einen besonderen Moment – wie am Beginn der Geschichte einzufangen. Der Zuschauer wird entlassen und weiß natürlich nicht sehr viel mehr über den Jungen als zu Beginn des Films. Ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, entscheidet dann jeder für sich. Besonders der teilweise gelungen Versuch, Bilder für die Innenwelt des Jungen und die Außenwelt zu finden, ist lobenswert und soll den Filmemacher und seinen Kameramann ermutigen, filmisch anzuknüpfen.
Kritische Anmerkungen bleiben jedoch bestehen. Die Geschichte zerfällt. Auch das ist sichtbar geworden. Versatzstücke bilden noch keine Geschlossenheit, auch wenn zu Beginn und am Ende die Dinge sich treffen. Es bleibt eine gewisse Ratlosigkeit beim Zuschauen zurück. Auch ist der gestrauchelte Jugendliche mit Migrationshintergrund, der in eine Bewährungssituation gestellt wird, keine sehr originelle Plotidee. Die Bilder vom Land bieten nicht sehr viel Neues. Da hätte der Mut des Anfangs auch mehr noch die Geschichte tragen können. Klischees zur Landbevölkerung und zum Sozialarbeiter stehen ebenfalls noch etwas im Wege. Cinemascope sollte filmisch klug gewählt werden und macht nicht per se Weite im Film. Die Bilder waren dem Mittel nicht ganz adäquat. Leichtigkeit hier und Inszenierung dort zeigen noch aufzuarbeitende Fragen. Mehr Mut zur klaren Erzählstruktur und der Leichtigkeit, die mit filmischen Mitteln erzählt werden kann, wäre wünschenswert.
Die Stärke des Films jedoch liegt auf den hier beschriebenen besonderen Momenten der gezeigten Innenwelt von Volkan, die auf den Zuschauer übergeht und die AUF DEM LAND für 16 Minuten zu einem sehenswerten Ereignis macht.