Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder
FBW-Pressetext
Die Siebenbürgener Sachsen im heutigen Rumänien sind eine deutschsprachige Minderheit, die älteste noch existierende deutsche Siedlergruppe in Osteuropa. Als solche haben sie unter Ceaucescu stark gelitten und größtenteils das Land verlassen. Claudia Funk hat einige der letzten Deutschstämmigen in einem rumänischen Altersheim aufgesucht und eine eindrucksvolle Dokumentation erstellt. Dabei gelingt es ihr nicht nur an die Schicksale der Menschen anzuknüpfen und übertragbare Biografien zu zeigen. Sie erzählt auch von der mit den letzten Einwohnern aussterbenden Sprache und Kultur. Gleichzeitig dokumentiert sie hier ein möglicherweise zukunftsweisendes Modell von einem würdevollen Weg zu altern. Wie in einem genossenschaftlichen Betrieb arbeiten die Bewohner des Altenheims in der Landwirtschaft zusammen, kümmern sich um Schweine und Rinder und ernten Getreide von den Feldern. Sinnvolle Arbeit bis ins hohe Alter und eine Lebensform, die mehr an eine Wohngemeinschaft erinnert, schaffen Lebensumstände, die durchaus auch für die westlichen Länder erstrebenswert wären. Dazu gehört auch die als ökologisch zu bezeichnende Landwirtschaft, die beispielsweise noch in ganz ursprünglichem Sinne Schweinefutter nach altem Rezept selber herstellt, oder auch die Äcker mit Sensen und Handgeräten bearbeitet und nicht mit großen Maschinen. Ein Dokumentarfilm mit wertvollen Anregungen für ein würdevolles Altern.Filminfos
Gattung: | Dokumentarfilm |
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Regie: | Claudia Funk |
Kamera: | Julia Weingarten |
Schnitt: | Lale Özdönmez |
Musik: | Ensemble Vinorosso |
Webseite: | ; |
Länge: | 76 Minuten |
Kinostart: | 01.10.2015 |
Verleih: | GMfilms |
Produktion: | Claudia Funk |
FSK: | 0 |
Förderer: | BKM |
Jury-Begründung
„Arbeit mach das Leben süß“ lautet die Anfangszeile von Gottlob Wilhelm Burmanns Gedicht „Arbeit“ aus der Sammlung von „Kleinen Liedern für kleine Jünglinge“. Sie geht auf das alte deutsche Sprichwort zurück, das dem Dokumentarfilm von Claudia Funk den Titel gab.Die Jury bedauerte, dass die Autorin auf jede Einordnung des Titels in die Sprach- und Literaturgeschichte sowie auf eine geschichtliche, kulturelle oder aktuelle Einordnung des Geschilderten in die wechselvolle Historie des Lebens der Siebenbürger Sachsen im Herzen des heutigen Rumäniens verzichtet. Die deutschstämmigen Bewohner der kleinen Dörfer blieben über Jahrhunderte unter sich, kaum ein deutsches Wort verirrte sich in die rumänische Sprache. Auf ihren Höfen und in den kleinen Gemeinden überstanden sie auch die Gleichmacherei im Rumänien Ceausescus. Die Auswanderung nach Deutschland setzte in den 1990er Jahren ein. Zurück blieben Alte, Kranke und wenige Unermüdliche. Die einst liebevoll gepflegten Höfe verwildern zunehmend, die Dörfer, in denen Kirchen und die charakteristischen Wehrtürme mit deutscher Unterstützung liebevoll restauriert wurden, gleichen zunehmend ethnografischen Museen, durch die Touristen pilgern. Sie zeugen von einer untergegangenen Kultur.
Einige Informationen zu diesem Hintergrund wären laut Ansicht der Jury wünschenswert gewesen, ihr Fehlen gibt dem Film aber auch eine hohe Allgemeingültigkeit. Die Landflucht der jungen Leute prägt Europa, verlassene Dörfer finden sich auf dem gesamten Kontinent.
Claudia Funk beschreibt mit viel Liebe zum Detail die Folgen dieses Prozesses und mit ungeheurer Wärme und Herzlichkeit für die zurück gebliebenen Pensionäre das sommerliche Leben in einem Altenheim in Atel, ehemals Hetzeldorf. Das ruhige Erzähltempo passt sich dem Rhythmus des Alltags an. Das Konzept des Heimes baut auf der Mitwirkung seiner Bewohner auf, die Wiesen noch mit Sensen zu bearbeiten, Heu mit dem Pferd einzufahren, Maiskolben mechanisch zu verarbeiten und Erbsen mit der Hand zu pulen. Die Rentner unterstützen das Heim mit ihrer Hände Arbeit, was sie körperlich und geistig fit hält. 30 Prozent des Budgets sparen die Betreiber durch die Selbstversorgung.
Das Altenheim von Atel gleicht einer Alten-WG, in der sich die Bewohner gegenseitig unter die Arme greifen und damit noch nicht vollständig aufs Altenteil „abgeschoben“ wurden. Zusätzlich werden sie rund um die Uhr betreut. Das kann auch ein generelles Modell für das Zusammenleben in einer alternden Gesellschaft sein.
Ein kluger Dokumentarfilm, in dem sich Claudia Funkt auf unaufdringliche Art ihren Protagonisten nähert und ihnen immer genügend Raum und das Vertrauen gibt, zu Wort zu kommen und ihre Sicht auf das Leben zu offenbaren.