Nacht, Mutter

1986
Filmplakat: Nacht, Mutter

Kurzbeschreibung

In einer dramatischen Auseinandersetzung mit ihrer Mutter versucht eine junge Frau zu erklären, warum sie ihr Vorhaben, Selbstmord zu begehen, verwirklichen muss.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm
Regie:Tom Moore
Darsteller:Sissy Spacek; Anne Bancroft
Kamera:Stephen M. Katz
Länge:97 Minuten
FSK:18

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die filmische Umsetzung eines Bühnenstücks, das zwei Frauen in einer Wohnküche ein seelisches Inferno erleben läßt, ist nach einhelliger Auffassung des Bewertungsausschusses auf eine Weise gelungen, die die konventionelle Auffassung, Film sei Bewegung, Tempo, Abwechslung, Ausstattung und "Handlung", wieder einmal Lügen straft. Hier wird erneut bewiesen, was Film auch zu sein vermag: Präsentation von Gesichtern, Augen, Mündern und von dem, was sich mit diesen Ereignissen und Gefühlen vermitteln läßt, in Monologen, Dialogen, und rhetorischen Rückblenden, die bestürzender sein können als eine optische Rekonstruktion, wenn ihnen nur genügend realistische Kraft zur Verfügung steht.

Einheit von Ort und Zeit: Eine vom Leben und ihrer Umwelt enttäuschte, von Krankheit gezeichnete junge Frau versucht, ihrer Mutter beizubringen, daß sie sich in 1 1/2 Stunden umbringen werde. Das dramatische Wortduell, das sich daraufhin zwischen Mutter und Tochter entwickelt und das über beider Vergangenheit und Charakter entlarvend Aufschluß gibt - künstlerisch in der Manier des amerikanischen Psychodramas aufgebaut - serviert einen Katalog kleinbürgerlichen Verhaltens und menschlicher Versäumnisse und führt, wie von Anfang an erkennbar, zu nichts: Der tödliche Schuß setzt unweigerlich den Schlußpunkt hinter ein enttäuschtes, glückloses Leben.

Ohne das virtuose Spiel von Anne Bancroft und Sissy Spacek, die sich mit dem Mut der Selbstentäußerung in ihre Rollen versenken, minuziös jede Regung von Mimik und Gestik kontrollierend, Ausbrüche abfangend, ehe sie zu Pathos werden, bliebe der Film ein reines Dialogstück. Diese beiden Darstellerinnen, hervorragend synchronisiert, tragen die Handlung und steigern das Interesse des Zuschauers an ihr, zuverlässig unterstützt von der Regie und einer durchdachten Ausstattung, die der Kamera trotz des begrenzten Raums immer neue Blickpunkte und Perspektiven zur Verfügung zu stellen versteht.